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"Sehen statt hören" heißt ein Projekt zur Gehörlosentelefonie an
öffentlichen Bildtelefonen, das die Deutsche Telekom heute auch in der
T-City Friedrichshafen startet. Den neuen Service für gehörlose und
hörgeschädigte Bürgerinnen und Bürger präsentiert das
Telekommunikationsunternehmen gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft der
Hörgeschädigten-Selbsthilfe und Fachverbände e. V.. Den gesamten Artikel
können Sie hier [1] abrufen.
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-180-5f4650fe5f64f.pdf
Die Lebenshilfe hat für Familien mit behinderten Kindern die Broschüre
"Gewusst wo" erarbeitet. Die Broschüre soll als Lotse durch den
Paragraphen-Dschungel des Leistungsrechts dienen. Das 15-seitige Heft gibt in
verständlicher Sprache Tipps zur Eingliederungshilfe, Kranken- und
Pflegeversicherung, Persönlichen Budget und zum Ausgleich
behinderungsbedingter Nachteile.
Die Lebenshilfe-Broschüre kann für 3,50 Euro plus Versand bestellt werden
(Tel: 06421-449 123, EMail: vertrieb@lebenshilfe.de [1]) oder kostenlos unter
folgendem Link heruntergeladen werden:
http://www.lebenshilfe.de/wDeutsch/aus_fachlicher_sicht/downloads/Gewusstwo.pdf
[2]
[1] mailto:vertrieb@lebenshilfe.de
[2] http://www.lebenshilfe.de/wDeutsch/aus_fachlicher_sicht/downloads/Gewusstwo.pdf
(07.12.2005) Am *14.12.2005*, in der Zeit von *20:00 bis 21:00 Uhr*, findet
ein Experten-Chat auf www.hoer-werk.de [1] statt.
Das Thema des Abends: *„Schwerhörig, ertaubt, gehörlos“*.
[1] http://www.hoer-werk.de/de/chat/index.html
Novellierungsverfahren zum Telekommunikationsgesetz eröffnet neue Chancen
für hörgeschädigte Menschen
12.03.04
Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes in Berlin hat Folgen für von
Geburt an gehörlose, im Laufe des Lebens ertaubte und sprachbehinderte
Menschen. Dass für sie das Telefon keinen Nutzen bringt, wird sich bald
ändern. Zukünftig soll ein spezieller bundesweiter Vermittlungsdienst, der
mit Schriftmittlern und Gebärdensprachdolmetschern mit Bildtelefonen besetzt
ist, Telekommunikation ermöglichen.
Hierzu haben alle Fraktionen des Bundestages einen Entschließungsantrag
eingebracht.
Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und
Schwerhörigen in Rendsburg, Ulrich Hase, begrüßte heute (12. 3.) diese
Entwicklung. Hase: „Wenn gehörlose Menschen wie andere auch ihren
Arzttermin telefonisch verabreden können, in Notfällen über das Telefon
Hilfe erreichen oder ihnen nicht länger Arbeitsplätze verwehrt werden, da
sie nicht telefonieren können, dann ist ein wichtiger Schritt zur
Chancengleichheit und Integration erreicht.“
Seit vielen Jahren habe sich die Deutsche Gesellschaft als bundesweiter
Dachverband mit seinen größten Mitgliedsverbänden Deutscher
Gehörlosen-Bund und Deutscher Schwerhörigenbund dafür stark gemacht, dass
solche Vermittlungsdienste endlich realisiert werden. „Wir sind froh über
diesen gemeinsamen Erfolg und hoffen darauf, dass nun bald Realität werden
kann, was technisch längst machbar ist“, so Hase, der auch auf viele
positive Beispiele aus dem Ausland verweist. Gerade in der Schweiz, in den
skandinavischen Ländern und in den USA seien solche Vermittlungsdienste
schon seit längerem eine Selbstverständlichkeit.
Es liege nun an der Bundesregierung, insbesondere dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit, den Auftrag des Bundestages in entsprechender Weise
umzusetzen. Resultat der angestrebten rechtlichen Absicherung müsse die
Schaffung einer dauerhaften und soliden finanziellen Basis für einen
qualitativ hochwertigen, technologieoffenen und preislich angemessenen
Vermittlungsdienst sein, der den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen
gerecht werde.
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Verantwortlich für den Pressetext:
Dr. Ulrich Hase, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der
Gehörlosen und Schwerhörigen
Leander Palleit, Referent für Telekommunikationswesen
Auch Gehörlose können bei einer Panne zum Handy greifen
Für Gehörlose hat der ADAC einen speziellen Service eingerichtet: Unter der
Faxnummer *08191 938 303*, die auch per SMS vom Handy aus angewählt werden
kann, ist rund um die Uhr schnelle Hilfe sichergestellt.
Folgende Möglichkeiten gibt es:
Über Mobiltelefon: Per SMS
Über Mobiltelefon: Per E-Mail
Übers Faxgerät
*Über Mobiltelefon: Per E-Mail*
Die meisten Handys bieten auch die Möglichkeit, E-Mails und damit auch eine
Pannenhilfe-Meldung über webnotruf@adac.de zu versenden.
Die jeweiligen Kosten hängen vom Provider und gewählten Tarif ab. Für eine
schnelle Pannenhilfe benötigen wir: Vor- und Nachnamen, Mitgliedsnummer, Zum
Fahrzeug: Marke, Typ, Farbe und Kennzeichen des Fahrzeugs sowie
Ausfallursache und den genauen Schadenort.
Beispiel:
webnotruf@adac.de PANNENMELDUNG PER EMAIL/FAX (WEGEN GEHÖRLOSIGKEIT) VORNAME
NACHNAME MGL-Nr. 123456789 Opel Astra schwarz M-JS1320 in 86899 Landsberg
Hauptplatz 1 Fahrzeug springt nicht an, Batterie leer
*Übers Faxgerät*
Der ADAC hat zusammen mit dem Deutschen Gehörlosen-Bund e.V. Kiel einen
Vordruck entwickelt, den Sie im Notfall an die ADAC-Pannenhilfezentrale
(08191 938303) faxen können.
Zum Herunterladen: Fax-Vordruck [1]
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-184-5f4650fe7c05b.pdf
Die Krankenkassen dürfen bei hochgradig schwerhörigen Menschen nicht
mehr auf die unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten verweisen, so
hat das Bundessozialgericht am 17.12.2009 entschieden. Das Urteil des
Bundessozialgerichts nimmt Bezug auf die §§ 33, 35 und 36 des
Sozialgesetzbuches V und stellt fest, dass der gegenwärtige Festbetrag von
Hörgeräten
für hochgradig hörgeschädigte Menschen rechtlich nicht zulässig ist.
Lesen Sie die *ganze Mitteilung [1]*.
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/sites/default/files/old/urteil_bsg_festbetrag.pdf
Einige Informationen zum Thema Hörschädigung
.... I. Definition von Hörschädigung
Die Gruppe der hörgeschädigten Menschen ist ein sehr komplexer
Personenkreis. Dabei können bei der Beschreibung des Hörvermögens nicht
selbstverständlich Rückschlüsse auf das Kommunikationsvermögen oder
weitere psychosoziale Auswirkungen gezogen werden. *Die
Kommunikationskompetenz ist nicht selbstverständlich abhängig vom Grad der
Hörschädigung!*
.... II. Unterschiedliche Formen der Hörschädigung
*Gehörlos
*Als gehörlos bezeichnet man Personen, die von Geburt an oder vor Abschluss
des Lautspracherwerbs (i.d.R. bis zum 5. Lebensjahr) ihr Gehör verloren
haben. Oftmals ist auch eine Sprachentwicklungsstörung sowie eine Lese- und
Rechtschreibschwäche vorhanden. Dabei sagt der Begriff Gehörlos nichts
über den individuellen Hörstatus der Betroffenen aus, sondern beschreibt
eine gebärdensprachlich orientierte Kommunikation und Sozialisation.
Gehörlose Menschen sind kommunikativ visuell orientiert.
*Schwerhörig *
Schwerhörige Personen sind in der Regel hörend sozialisiert und
dementsprechend in der Kommunikation akustisch orientiert.
Gleichgewichtsstörungen und/oder Tinnitus können als Folgebehinderung
vorliegen. Grundsätzlich gibt es eine allgemeine Einteilung in folgende
Grade der Schwerhörigkeit, definiert nach dem Hörverlust:
Hörverlust
0 bis 20 dB
vernachlässigbare Hörschädigung
Hörverlust
20 bis 40 dB
geringgradige Schwerhörigkeit
Hörverlust
40 bis 60 dB
mittelgradige Schwerhörigkeit
Hörverlust
60 bis 80 dB
hochgradige Schwerhörigkeit
Hörverlust
90 dB
an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit
Weiterhin wird Schwerhörigkeit nach dem Eintritt der Schädigung
unterschieden:
Prälingual (vor dem Spracherwerb) Frühschwerhörig
Postlingual (nach dem Spracherwerb) Spätschwerhörig
Die Gruppe der *Frühschwerhörigen* stellt einen besonderen Personenkreis
dar. Diese Personen sind überwiegend akustisch orientiert, haben aber auch
Kontakte zu Gehörlosen und können teilweise Gebärden, hier aber
Lautsprachbegleitende Gebärden.
Oftmals liegen gleichzeitig Artikulationsauffälligkeiten sowie Lese- und
Rechtschreibschwächen vor. Im psychischen Bereich hat sich eine besondere
Identitätsproblematik herausgestellt (weder hörend, noch gehörlos).
*Ertaubt
*Als ertaubt bezeichnet man Personen, deren Hörschädigung so stark ist,
daß eine akustische Diskrimination von Sprache, auch mit technischen Hilfen,
nicht möglich ist.
Die Ertaubung ist nach Abschluss des Lautspracherwerbes eingetreten. Ertaubte
Personen sind daher in der Regel vollsprachlich und kommunikativ akustisch
orientiert.
Gleichgewichtsstörungen und/oder Tinnitus können als Folgebehinderung
vorliegen.
*Mehrfachbehinderte Hörgeschädigte *
In der Beratungsarbeit begegnen wir auch immer wieder Hörgeschädigten mit
weiteren Behinderungen. Insbesondere Hörgeschädigte die auch von einer
Sehbehinderung betroffen sind (Taubblind), sind auf spezielle
Kommunikationsbedürfnisse angewiesen.
.... III. Spezielle Kommunikationsformen
*Akustische Kommunikation *
* Hörgeschädigte Personen, die über technische Hilfsmittel akustisch
Lautsprache (auch nur teilweise) verstehen können, sind auf bestimmte
Bedingungen bei der akustischen Kommunikation angewiesen:
* Der Gesprächspartner ist auf ein deutliches, zugewandtes Mundbild
angewiesen, um von den Lippen absehen zu können.
* Es sollten Nebengeräusche vermieden werden.
*Visuelle Kommunikation*
* Deutsche Gebärdensprache (DGS): Wird hauptsächlich von Gehörlosen
verwendet und hat eine eigenständige Grammatik, die auf visueller
Wahrnehmung beruht. Auch Mimik und Körpersprache sind ein wesentlicher
Teil der Grammatik. Die Deutsche Gebärdensprache ist eine eigenständige,
vollwertige und ausbaufähige Sprache mit ihren Eigentümlichkeiten wie
Dialekte, Idiome usw.
* Lautsprachbegleitende Gebärden (LBG): Werden hauptsächlich von
Schwerhörigen und Ertaubten verwendet. Es handelt sich um Gebärden, die
die Lautsprache begleiten bzw. unterstützen. Sie haben keine
eigenständige Grammatik und sind der Lautsprache vollkommen angepaßt.
Somit bilden sie keine eigenständige Sprache. Aus der Deutschen
Gebärdensprache wurde der Lexikonbestand weitgehend übernommen.
* Fingeralphabet: Das Fingeralphabet orientiert sich an den Buchstaben der
Schrift. Wenn Gebärdenzeichen nicht bekannt sind oder bei Fremdwörtern,
Ortsnamen und Eigennamen wird das Fingeralphabet verwendet.
*Taktile Kommunikation*
Wird hauptsächlich in der Kommunikation mit Taubblinden eingesetzt.
* Lormen (Hand-Tast-Alphabet)
* Taktile Gebärden
*Schriftsprachliche Kommunikation*
* Bei der schriftsprachlichen Kommunikation ist zu beachten, daß
Hörgeschädigte teilweise eine eingeschränkte Schriftsprachkompetenz
haben. Hier ist es wichtig, sich den Vorkenntnissen Hörgeschädigter
bzgl. Satzbau und Wortschatz anzupassen. Auch Zeichnen und Malen kann als
Erklärungshilfe verwendet werden.
von Ulrich Hase
Vorbemerkung 1
Zu verschiedenen Anlässen werde ich immer wieder darum gebeten, zu meinen
Erwartungen an die Hörgeschädigtenpädagogik zu referieren. Man möchte von
meinen ganz persönlichen Eindrücken als von Kindheit an hochgradig
Hörgeschädigter wissen, außerdem interessieren meine Erfahrungen aus
zahlreichen Kontakten zu hörgeschädigten Menschen, die ich in den letzten
25 Jahren meiner ehrenamtlichen und beruflichen Tätigkeit mit
schwerhörigen, ertaubten und gehörlosen Menschen gewonnen habe.
An dieser Stelle sollen die Grundgedanken meiner Vorträge oder Statements
zum oben genannten Thema dargestellt werden. Sie sind nicht empirisch belegt,
gehen jedoch deutlich über den Horizont meiner persönlichen Situation
hinaus. Sie sollen zum Nachdenken oder zur Diskussion anregen.
Vorbemerkung 2
Wir wissen um deutliche Verbesserungen der Förderung gehörloser und
schwerhöriger Kinder und Jugendlicher: Hörschädigungen werden immer
früher erkannt und sicherlich wird sich diese Situation in den nächsten
Jahren deutlich verbessern. Digitale Hörgeräte, das cochlea implant und
neue Methoden der Hörgeschädigtenpädagogik haben erheblich zur Entwicklung
und Förderung der auditiven Wahrnehmung beigetragen. Es ist unbestritten,
dass sich hierdurch in den letzten Jahren völlig neue Chancen zur
Verbesserung der kommunikativen Situation junger Hörgeschädigter eröffnet
haben. Ebenso unbestritten ist, dass die Hörgeschädigtenpädagogik diese
Chancen mit dem Ziel der bestmöglichen Förderung Ihrer Schülerinnen und
Schüler wahrnimmt.
Dennoch kann ich das Erreichte nicht ausschließlich positiv werten. Der
Blick soll hier auf Bereiche gerichtet werden, in denen ich Handlungsbedarf
sehe. Diese werden in 5 grundsätzlichen Positionen dargestellt und
begründet.
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(1) Hörbehinderung wird trotz optimaler Förderbedingungen bestehen bleiben!
Hörgeschädigtenpädagogik sollte deshalb die Dominanz hörgerichteter
Orientierung kritischer betrachten und den Aspekt, dass Kommunikation
gefährdet bleibt, stärker in den Vordergrund ihrer Arbeit stellen.
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Die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Schulen für Gehörlose und
Schwerhörige ist in Deutschland im letzten Vierteljahrhundert um über 2000
auf ca. 9000 zurückgegangen. Diese Entwicklung schreitet fort. Besuchten
noch bis Ende der achtziger Jahre etwa zwei Drittel der Hörgeschädigten
eine Gehörlosenschule, so hat sich dieses Verhältnis inzwischen zugunsten
der Schwerhörigenschule genau umgekehrt (1). Gehörlosenschulen nehmen immer
weniger Gehörlose auf (die Zahl der Gehörlosen nimmt ab, Gehörlose mit
C.I. fallen in der Wahrnehmung aus ihrer ursprünglichen Bezugsgruppe
heraus), sie verschmelzen mit Schwerhörigenschulen zu
Hörgeschädigtenschulen oder – förderzentren und ganz aktuell zu Zentren
Hören und Kommunikation. Darüber hinaus werden immer mehr schwerhörige,
aber auch resthörige und gehörlose Menschen, in Regelschulen integriert.
Diese Tendenz nimmt zu. Das sich allmählich durchsetzende bildungspolitische
Ziel, schulische Integration als Regelfall zu gestalten und Förderzentren zu
Zentren bzw. Schulen ohne Schülerinnen und Schüler zu entwickeln, wird
erkennbar.
Diese Entwicklung ist auf den ersten Blick als Fortschritt und
wünschenswerte Veränderung der Situation hörgeschädigter Menschen zu
interpretieren.
Sie impliziert die Erwartung, dass junge hörgeschädigte Menschen dank des
Fortschritts immer besser zurecht kommen und Hörbehinderung als gravierendes
Problem der Kommunikation bzw. Interaktion immer weniger in Erscheinung
tritt.
Aber ist das Vertrauen pädagogischen Handelns mit Konzentration auf Hören
und Spracherwerb nicht auch trügerisch?
Hierzu einige grundsätzliche Beobachtungen aus meiner Arbeit mit
erwachsenen, auch jungerwachsenen, Hörgeschädigten:
Besonders in meiner Rehabilitationsarbeit habe ich immer wieder feststellen
müssen, dass hörgeschädigte Menschen in ihrem beruflichen und sozialen
Alltag größere Kommunikationsschwierigkeiten haben als es
„Schonraum-Situationen“, das können die Familiensituation, Schulen, das
direkte persönliche Gespräch oder auch Untersuchungen beim Arzt oder
Hörgeräteakustiker sein, erwarten lassen. Tatsächlich scheinen Fachleute
und Eltern sehr leicht in die Situation zu geraten, die
Kommunikationskompetenz ihrer Kinder zu überschätzen (2). Hiermit stimmt
überein, dass mir vor Rehabilitationen zugeleitete Gutachten zur Situation
von schwerhörigen Menschen immer wieder deren Kommunikationskompetenz
deutlich positiver als es tatsächlich der Realität entsprach darstellten.
Hörgeschädigte Menschen leiden darunter, wenn sie trotz modernster
technischer Hilfen und trotz besseren Hörens nicht den Kommunikationserfolg
erzielen können, der ihnen von fachlicher Seite prophezeit worden war. Sie
erleben ihr Nichtverstehen als persönliches Versagen und mitunter auch
technische Innovationen als Druck. Auf diesen Druck reagieren viele, indem
sie ihre Umwelt gerade nicht auf ihre Probleme ansprechen, sondern viel mehr
versuchen, den Erwartungen zu entsprechen und routiniert Verstehen
„vorzutäuschen“, womit sie wiederum häufig wider besseres Wissen die
belastenden Fehleinschätzungen fördern.
Wir wissen darüber hinaus auch, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen,
deren Hör- und Sprechentwicklung, z.B. trotz C.I., unbefriedigend verläuft,
nicht unerheblich ist. So gewinne ich den Eindruck, dass diese Gruppe im
Hinblick auf die Entwicklung alternative Ansätze zu wenig Beachtung
erfährt. Ganz deutlich wird dieses in der Vorstellung, dass die Förderung
mit Gebärdensprache erst dann ansetzen soll, wenn eine ausschließlich
lautsprachliche Förderung nicht den gewünschten Erfolg bringt. Die Folge,
dass Jahre erfolgreicher gebärdensprachlicher Förderung auf diese Weise
verloren gehen kann, wird stillschweigend akzeptiert.
Steht auch Hörgeschädigtenpädagogik unter einem
„Fortschritts-Erfolgsdruck“? Und unterliegt sie ähnlich der Situation
hörgeschädigter Menschen dem psychologischen Phänomen, „Misserfolge“
nicht akzeptieren zu können?
Was wir uns vor Augen führen sollten ist: Hörbehinderung wird trotz
optimaler Förderbedingungen bestehen bleiben! Dieses trifft insbesondere auf
dem Hintergrund der in unserer Gesellschaft zunehmenden Anforderungen an
Kommunikationskompetenz zu.
Ich halte es deshalb für eine wichtige Aufgabe der
Hörgeschädigtenpädagogik, die Dominanz hörgerichteter Orientierung immer
wieder kritisch zu hinterfragen und den Aspekt, dass Kommunikation gefährdet
bleibt, stärker in den Vordergrund zu stellen. Das bedeutet keinen
Widerspruch zum Fortschritt, sondern ergänzt ihn.
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(2) Die Angebotsstruktur von Sonderschulen einerseits und schulischer
Integration andererseits wird dem Bedarf nicht gerecht.
Hörgeschädigtenpädagogik sollte sich auf den Weg machen, alternative
Lösungsansätze pädagogischer Förderung zu entwickeln.
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Ich erwähnte es: immer mehr hörgeschädigte junge Menschen werden in
Regelschulen integriert. Diese Entwicklung stellt auch eine
selbstverständliche Konsequenz der aktuellen gesellschaftlichen wie sozial-
und bildungspolitischen Grundprinzipien Integration, Normalität und Teilhabe
dar und erfuhr auch durch die Ergebnisse der PISA-Studie (3) Rückenwind.
Denn gerade in den Ländern sind überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt
worden, in denen überwiegend integrierte Schulsysteme bestehen. Die Studie
belegt, dass Leistungen der Schwächeren in der Integration besser sind als
die vergleichbarer Schülerinnen und Schüler an speziellen Schulen und dass
gute Schülerinnen und Schüler nicht schlechter abschneiden als in
leistungsdifferenzierten Klassen. Sie zeigt auch auf, dass die
Sonderschulbesuchsquote in Deutschland (11 europäische Länder haben bessere
Ergebnisse als Deutschland) besonders hoch ist.
Ich finde es wichtig, dass hörgeschädigte Menschen möglichst früh
gemeinsam mit nichtbehinderten Menschen lernen. Dennoch betrachte ich das
„Integrations-Bemühen“ insbesondere im Hinblick auf die Situation
hochgradig hörgeschädigter, resthöriger oder gehörloser Schülerinnen und
Schüler auch kritisch.
Findet Integration statt, wenn hörgeschädigte Menschen unter erheblichem
Druck und dem diffusen Gefühl des dennoch „Andersseins“ am gemeinsamen
Unterricht mit Nichtbehinderten teilnehmen? Findet Integration z.B. auch dann
noch statt, wenn Schülerinnen und Schüler im Freizeitgeschehen isoliert
bleiben?
Einschätzungen des jeweiligen Integrationserfolges geschehen überwiegend
mit Blick auf unterrichtsbezogene Leistungsaspekte. Machen wir uns genügend
deutlich, dass junge Menschen mit Hörschädigung häufig im Unterricht
durchaus zurechtkommen und im Gegensatz dazu am informellen
Kommunikationsgefüge der Pausensituation scheitern?
Aus eigener Erfahrung an Regelschulen weiß ich, wie ich mich trotz relativ
guter schulischer Leistungen mit meiner Hörschädigung uneins und isoliert
gefühlt habe:
Ich wollte wie die anderen sein. Meine Hörschädigung stand mir dabei im
Weg, mit der Konsequenz, dass ich sie leugnete - und dadurch meine Situation
noch erschwerte.
Wir wissen, wie wichtig es ist, gegenüber unseren Mitmenschen auf die
Hörschädigung hinzuweisen und entsprechendes Verhalten abzufordern. Aber
wir wissen auch, wie schwer es ist, Hörschädigung transparent zu machen!
Und noch viel schwerer ist es, als junger hörgeschädigter Mensch zur
eigenen Behinderung Zugang zu finden und deshalb kaum in der Lage zu sein,
den eigenen Leidensdruck Eltern und anderen Bezugspersonen mitteilen zu
können.
In der Zeitschrift Hörgeschädigtenpädagogik, Ausgabe: Februar 2002,
befasst sich Flöther (4) mit Integration. Er geht auf die „personale
Integration“ ein und führt hierzu aus: Eine normale Identitätsentwicklung
sei dann möglich, wenn Hörschädigung durch den hörgeschädigten Menschen
selbst und seine Kontaktpersonen akzeptiert wird. Dies sei Voraussetzung
dafür, dass Kommunikationshilfen kompetent genutzt werden können. Das ist
richtig, aber wie finden junge hörgeschädigte Menschen Akzeptanz, wenn sie
mit ihrer Hörschädigung allein bleiben, wenn sie keine Chance haben, sich
mit anderen ähnlich Betroffenen auszutauschen und dadurch Zugang zu sich
selbst zu finden? M.E. setzt Akzeptanz von Hörschädigung zwingend die durch
den Kontakt zu anderen Hörgeschädigten ermöglichte Auseinandersetzung
„mit sich selbst in dem anderen Ähnlichen“ voraus, als Grundlage für
spätere erfolgreiche Interventionen zur Gestaltung von Kommunikation
gegenüber guthörenden Menschen.
Schulische Integration verfehlt ihr Ziel, wenn sie die Erfahrung untermauert,
ein vielleicht sogar die eigene Hörschädigung leugnender
„Einzelkämpfer“ zu sein! Kontakte zwischen hörgeschädigten jungen
Menschen in Integrationsmaßnahmen dürfen nicht dem Zufall überlassen
bleiben. Verantwortliches pädagogisches Handeln ist dazu aufgerufen, diese
gezielt zu organisieren!
Eine Angebotsstruktur mit den „Extremen“ Sonderschule unter Verzicht auf
das Miteinander mit guthörenden Menschen und schulische Integration unter
Verzicht auf Erfahrungen mit hörgeschädigten Menschen ist höchst
problematisch.
Ich bedauere es deshalb sehr, dass kaum weitere Modelle zur schulischen
Förderung hörgeschädigter Schülerinnen und Schüler zur Verfügung
stehen.
An dieser Stelle ist auf ein weiteres und viel zu wenig beachtetes Problem
hinzuweisen:
Hörgeschädigte Menschen, die nicht bereits in der Schule die Erfahrung
gewonnen haben, wie hilfreich das Miteinander mit ähnlich Betroffenen sein
kann, haben im späteren Erwachsenenalter nur schwer Zugang zu dieser
Erfahrung. Viele verbinden mit dem erfolgreichen Abschluss einer Regelschule
den Eindruck, ihre Behinderung erfolgreich überwunden zu haben. Nun doch
nach vielfältigen einschneidenden Erfahrungen des Alltags den Wunsch nach
Kontakt mit ebenfalls Hörgeschädigten zu wünschen, stellt sich für sie
allzu leicht als Stigma persönlichen Versagens dar. Die auf diese Weise
entstandene Blockade verhindert den Zugang zu persönlichen Hilfen, Ausgleich
bzw. Entlastung unter Ähnlichbetroffenen, - mit der Folge, dass sie
schlimmstenfalls in die Isolation geraten und/oder psychosomatische
Beschwerden entstehen.
Der Deutsche Schwerhörigenbund hat trotz der erheblichen Überzahl
schwerhöriger Menschen in Deutschland erheblich weniger Mitglieder als der
Deutsche Gehörlosen-Bund. Das liegt nur zum Teil daran, dass viele
schwerhörige Menschen mit ihrer Umwelt so gut zurechtkommen, dass sie kein
Bedürnis nach ihrer Gemeinschaft empfinden. Wesentliche weitere Gründe sind
gerade auch wie oben beschrieben mangelnde Kontakterfahrungen zu anderen
Schwerhörigen und nicht selten auch die Angst vor Begegnungen mit anderen
Schwerhörigen. Im Gegensatz hierzu steht die Situation Schwerhöriger oder
Gehörloser, die eine Hörgeschädigtenschule besucht haben. Denn viele von
ihnen sind in entsprechenden Selbsthilfegruppen, sie haben bereits in der
schulischen Förderung das sie stützende Miteinander erfahren können.
Auf diese Weise birgt Integration die Gefahr des Verlustes späterer
Stützmechanismen, mit der zusätzlichen Folge, dass das Entstehen einer
einflussreichen politischen Interessenvertretung hörgeschädigter Menschen
erschwert wird.
Auch aus diesem Grund halte ich die Entwicklung von alternativen integrativen
Ansätzen in der schulischen Förderung für Hörgeschädigte für wichtig.
Ein Beispiel stellt die Integration einer größeren Anzahl hörgeschädigter
Jugendlicher in eine Regelschule dar, wie ich es z.B. von einer High School
in Leeds (England) kenne. Hörgeschädigte erfahren hier Integration im
doppelten Sinne: Sie haben die Möglichkeit, sich mit anderen
Hörgeschädigten auszutauschen, erhalten spezielle Förderangebote und
lernen gleichzeitig gemeinsam mit guthörenden Gleichaltrigen, denen wiederum
Gebärdensprachkurse angeboten werden.
Dieses Modell würde wohl nur in Ballungsgebieten erfolgreich sein können.
Denn Eltern wünschen sich auch deshalb die schulische Integration, um ihre
Kinder zu Hause behalten zu können und nicht in Internate abgeben zu
müssen.
Eine enge Kooperation von Regel- und Hörgeschädigtenschulen in Form von
Schulpartnerschaften mit schulübergreifendem Unterricht in verschiedenen
Fächern halte ich ebenfalls für einen Ansatz, der verfolgt werden könnte.
Einen wohl besonders praktikablen Weg schlagen Schulen bzw. Förderzentren
(z.B. in Schleswig-Holstein) ein, die Seminarwochenenden zur Begegnung junger
integrierter hörgeschädigter Menschen anbieten. Diese beinhalten u.a.
Erfahrungsaustausch, Kommunikationsschulung, Rollenspiele und Begegnungen mit
erwachsenen Hörgeschädigten. Ich begrüße Initiativen zu solchen Seminaren
sehr. Leider finden diese Maßnahmen jedoch nur sporadisch in Abhängigkeit
zur Anmeldesituation statt. Auch hier gewinne ich den Eindruck, dass sich
Schülerinnen und Schüler aus den oben aus der Sicht Erwachsener
beschriebenen Gründen (sich mangels anderer Erfahrungen den Sinn dieser
Seminare nicht vorstellen können, Ängste) nicht zu solchen Maßnahmen
anmelden.
Meiner Auffassung nach sollte dieses überaus wichtige Angebot nicht dem
guten Willen überlassen bleiben. Ich halte es für wichtig, es auf der Basis
fundierter Konzepte zum selbstverständlichen Pädagogik und Schülerinnen/
Schüler verpflichtenden Bestandteil hörgeschädigtenpädagogischer Arbeit
weiter zu entwickeln.
Worauf den Themenbereich Integration abschließend hingewiesen werden soll:
Meines Erachtens steht das Bemühen um schulische Integration in keiner Weise
in ausgewogenem Verhältnis zur Vorbereitung der Lehrerinnen und Lehrer an
Regelschulen auf die hieraus folgenden neuen Herausforderungen. Es ist
dringend notwendig, dass sich sowohl im Hochschulbereich als auch in der
Lehrerfortbildung Integrationspädagogik als verpflichtender Lehrstoff
durchsetzt. Die Vorbereitung von Lehrerinnen und Lehrern auf die
Kommunikationssituation und – bedürfnisse hörgeschädigter Schülerinnen
und Schüler ist unbedingt notwendig. Dieses zeigen mitunter erschreckende
Beispiele dafür, wie sich Lehrerinnen und Lehrer durch unreflektierte
Vorurteile leiten lassen.
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(3) Hörgeschädigte Erwachsene haben eine wichtige Bedeutung zur Förderung
der hörgeschädigten Schülerinnen und Schüler. Hörgeschädigtenpädagogik
sollte deshalb den Einsatz von hörgeschädigten Hörgeschädigtenpädagogen
nicht dem Zufall überlassen sondern gezielt anstreben.
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Für Eltern hörgeschädigter Kinder ist es wichtig, dass sie erwachsenen
hörgeschädigten Menschen begegnen. Wenn sie erleben, dass diese ein
glückliches und erfolgreiches Leben führen und es mit Hörschädigung in
den Griff bekommen, so verringern sich Ängste. Dieses verhilft zu einer
realistischen Perspektive und führt dazu, dass Hörschädigung leichter
akzeptiert werden kann.
Ähnliches gilt für hörgeschädigte Kinder, für die erwachsene
Hörgeschädigte im Sinne von Identifikation wichtige Modelle sind.
Und natürlich können erwachsene Hörgeschädigte auch fachlich kompetente
Ansprechpartnerinnen und – partner sein, die insbesondere zur Entwicklung
von Akzeptanz und Bewältigungsstrategien beitragen und dazu unterstützen,
dass sich „fortschrittsorientierte“ Hörgeschädigtenpädagogik
bedarfsgerecht gestaltet.
Auch Hörgeschädigtenpädagoginnen und – pädagogen benötigen den
ständigen Austausch mit ihnen.
Es sollte deshalb selbstverständlich sein, dass hörgeschädigte Menschen
nicht nur als Adressaten pädagogischen Bemühens, sondern auch als
gleichberechtigte Partner verstanden werden.
Ich freue mich darüber, dass immer mehr schwerhörige oder gehörlose
Studenten in Hörgeschädigtenpädagogik, aber u.a. auch in Sozialpädagogik
oder Psychologie, ausgebildet werden und ihre Aufgabenfelder finden. Dennoch
stellen sie noch zu oft Ausnahmen dar. Leider beobachte ich in der jüngsten
Zeit, dass sich die Aussichten für schwerhörige oder gehörlose
Lehramtsanwärter auf eine Lehrerstelle aus Gründen zunehmender
Integrationsbemühungen, aber auch aufgrund der defizitären öffentlichen
Haushaltslage verschlechtern.
Ich plädiere deshalb dafür, dass sich Einrichtungen der
Hörgeschädigtenpädagogik zum Ziel setzen, die Erfüllung der
Schwerbehinderten-Beschäftigungsquote in Höhe von 5% durch die Anstellung
hörgeschädigter Fachleute zu erreichen.
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(4) Die Anerkennung der Gebärdensprache eröffnet neue Chancen für
hörgeschädigte Menschen.
Es ist Aufgabe der Hörgeschädigtenpädagogik, auf diese Situation zu
reagieren.
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Neue Gesetze (Sozialgesetzbuch IX, Bundesgleichstellungsgesetz,
Landesgleichstellungsgesetze) haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass
gehörlose aber auch hochgradig hörgeschädigte Menschen in
unterschiedlichen Situationen einen Anspruch auf die Finanzierung von
Gebärdensprachdolmetscherinnen oder – dolmetschern haben. Hinzu kommt die
Möglichkeit, Schriftmittler einsetzen und finanzieren zu können.
Endlich hat die Gebärdensprache, die über viele Jahrzehnte vernachlässigt
worden ist, auch in Deutschland den verdienten rechtlichen Rückhalt.
Damit ist eine Basis dafür gegeben, dass sich Gebärdensprache, und mit ihr
lautsprachbegleitende Gebärden, als wesentliches Element zur Teilhabe und
Integration hörgeschädigter, nicht nur gehörloser, Menschen entwickeln
kann. Denn mittels des Dolmetschens werden Kommunikationsräume erschlossen
werden, die bisher versperrt geblieben sind.
Statistiken der Dolmetsch-Zentralen belegen, dass immer mehr hörgeschädigte
Menschen die sich aus Gebärdensprache ergebenden Chancen zur Verbesserung
der eigenen Lebenssituation erkennen. Dieses gilt für den Umgang mit
Behörden, den Gesundheitsbereich, vielfältige andere
Kommunikationssituationen und gerade auch in Berufsbereichen, in denen ein
besonders hoher Kommunikationsbedarf besteht.
Die Polarisierung, wer lautsprachlich nicht zurechtkommt, benötigt
Gebärdensprache, die anderen kommen ohne sie aus, ist schon lange nicht mehr
aktuell! Vielmehr wird erkannt, dass es darauf ankommt, je nach
Kommunikationssituation selbstbewusst entscheiden zu können, ob über
Lautsprache Grenzen erreicht werden und ob Gebärdensprache ihren Einsatz
findet.
Hieraus erwachsen Herausforderungen an die Hörgeschädigtenpädagogik. Auch
die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zum Förderschwerpunkt Hören
von 1996 (5) treffen hierzu eindeutige Aussagen.
Wir benötigen nun eine Angebotsstruktur, die von freiwilligen
Gebärdensprachkursen, einem verpflichtenden Unterrichtsfach Gebärdensprache
bis hin zu bilingualen Modellen reicht.
Und wir benötigen Fachkräfte, die Gebärdensprache beherrschen, sie
unterrichten und in ihr unterrichten können.
Der Besuch einzelner Seminare an Hochschulen reicht für die Vorbereitung
solcher Fachkräfte nicht aus. Es ist dringend erforderlich, dass sich
Studierende der Hörgeschädigtenpädagogik in der Ausrichtung ihres Studiums
für Pädagogik der Gebärdensprache als eigenständigem Fach entscheiden
können, das sie einschließlich Didaktik, Methodik und Geschichte der
Gebärdensprache studieren und in dem sie geprüft werden.
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(5) Hörgeschädigte Menschen sind zu wenig auf die kommunikativen
Herausforderungen des Alltags vorbereitet. Dieses betrifft vor allem den
beruflichen Bereich.
Neue Konzepte sowohl für die Förderung in Hörgeschädigtenschulen als auch
in der Integration sind notwendig.
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Soll Kommunikation hochgradig hörgeschädigter Menschen im Alltag,
insbesondere im beruflichen Umfeld, erfolgreich sein, so reicht es nicht aus,
wenn die hörgerätetechnische Versorgung optimal ist. Die immer wieder
durchdringende Auffassung, schwerhörige Menschen kämen grundsätzlich
ausschließlich mit Hörgeräten zurecht, während gehörlose Menschen
Gebärdensprache und ertaubte Menschen Schriftmittler benötigten, ist
realitätsfremd und einseitig. Ein gehörloser Mensch wird natürlich
häufiger als schwerhörige Menschen Gebärdensprachdolmetscher benötigen.
Das heißt jedoch nicht, dass schwerhörige Menschen ganz auf sie verzichten
können. Ich habe z.B. nicht auf das Erlernen der englischen Sprache
verzichten müssen, nur weil ich diese vielleicht zu 0,5 % meines
Sprachumfangs benötige? Tatsächlich halte ich den Ansatz, je nach Art der
Hörschädigung unterschiedliche Hilfen zuzuordnen bzw. auszuschließen,
nicht nur für falsch, sondern sogar für diskriminierend.
Mit anderen Worten: Es geht nicht darum, wer welche Hilfe benötigt. Vielmehr
sollten Hörgeschädigte in die Lage versetzt werden, je nach Anforderung
unterschiedliche Hilfen einsetzen zu können.
Dazu ist Voraussetzung, dass sie auf breiter Basis auf kommunikative
Anforderungen vorbereitet werden.
Nur ein Beispiel: Hochgradig hörgeschädigte Menschen, die in
verantwortlicher beruflicher Position im Einzelgespräch oder
Kleingruppengespräch gut mittels Hörgerät und Konferenzanlage sowie des
Absehens versteht, können jedoch in einer Konferenz mit mehr Beteiligten
scheitern. Sie sind jedoch dann erfolgreich, wenn sie in solchen Situationen
eine Gebärdensprachdolmetscherin, die durch das jeweilige Integrationsamt
finanziert wird, hinzuziehen.
Ebenso kann es im privaten Bereich sein, dass von Schwerhörigen eine Feier
mit vielen durcheinander sprechenden Guthörenden als Stress empfunden,
jedoch über Gebärdensprache in Selbsthilfegruppen einen wichtigen Ausgleich
erlebt wird. So kann für diesen Personenkreis Gebärdensprache eine höhere
Bedeutung haben als das Erlernen von Fremdsprachen.
Meines Erachtens fehlt in der schulischen Förderung ein offener Zugang, der
allen unterschiedliche Kommunikationshilfen vermittelt, ohne dass schon im
Vorwege eine Einschränkung vorgenommen wurde. Kommunikationserfolg wird
hier, vor allem in der Integration, zu sehr dem Zufall überlassen.
Aber offener Zugang reicht nicht aus. Genau so wichtig ist es,
Strategiewissen zu vermitteln. Es ist wichtig, zu erfahren, welche
Kommunikationswege wann den größten Erfolg bringen und es muss trainiert
werden, wie diese kombiniert werden und deren Notwendigkeit anderen
gegenüber plausibel gemacht werden kann.
Dieses ist natürlich nur auf der Basis eines selbstbewussten Umgangs mit der
eigenen Hörschädigung erreichbar. Deshalb halte ich unabhängig von der
Vermittlung des üblichen Lehrstoffs die Entwicklung und Umsetzung eines
interdisziplinäres Konzeptes, wie Hörgeschädigte Bewältigungsstrategien
zum Umgang mit ihrer Hörschädigung erfahren, für längst überfällig.
Es ist notwendig, dass solche Konzepte in einer Weise ausgestaltet werden,
dass sie auch hörgeschädigten Schülerinnen und Schülern in der
Integration zugänglich sind.
Meine Auffassungen möchte ich abschließend zusammenfassen:
* Hörgeschädigtenpädagogik sollte technische, medizinische und
pädagogische Innovationen fördern, - gleichzeitig aber nicht
ausschließlich auf diese Innovationen vertrauen.
* Hörgeschädigtenpädagogik sollte Integration anstreben, – gleichzeitig
jedoch auch die Gemeinschaft hörgeschädigter Menschen stützen.
* Hörgeschädigtenpädagogik sollte auf umfassender Basis in Zusammenarbeit
mit hörgeschädigten Kolleginnen und Kollegen die Akzeptanz von
Hörschädigung, den Umgang mit Hörschädigung und Strategiewissen zur
Gestaltung von sehr unterschiedlichen Kommunikationssituationen des
späteren sozialen und beruflichen Alltags fördern.
Der Verfasser (seit dem 2. Lebensjahr durchschnittlicher Hörverlust 90db)
besuchte die Regelschule. Nach dem Abitur Studium der Rechts- und
Erziehungswissenschaften. Parallel zur späteren Berufstätigkeit studierte
er Hörgeschädigtenpädagogik mit anschließender Promotion. Fortbildungen
vor allem im psychologischen Bereich, der Beratung und Mediation.
Beruflich zunächst bei einer Hauptfürsorgestelle tätig, danach 15 Jahre
Leitung des Reha-Zentrums für Hörgeschädigte in Rendsburg. Seit 1997 als
Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung bei der Landesregierung
Schleswig-Holstein.
Ehrenamtlich seit 1978 Aufbau des Hörbehindertenvereines Münster mit seinem
Hörbehindertenzentrum, das in Deutschland erstmals ein umfangreiches
ambulantes Therapieprogramm sowohl für schwerhörige und ertaubte, als auch
für gehörlose Menschen vorhielt. Aus dieser Arbeit ist auch die
Bundesarbeitsgemeinschaft hörbehinderte Studenten und Absolventen
hervorgegangen. Jahrlange Mitarbeit in Schwerhörigenverbänden, u.a. als
Rehabilitationsbeauftragter des Deutschen Schwerhörigenbundes. 1989 bis 1999
Präsident des Deutschen Gehörlosenbundes, seit 1999 Vorsitzender der
Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen.
U.a. Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte
und Mitglied des beratenden Ausschusses der Bundesanstalt für Arbeit.
*Literatur*
(1)
Günther, K.-B. (2002):
Veränderungen in der schulischen Betreuung Hörgeschädigter. Perspektiven
aus dem Förderschwerpunkt Hören: hörgeschädigte Kinder.
Hamburg
(2)
Kammerer, E. (1986):
Kinderpsychiatrische Aspekte der schweren Hörschädigung. Münster
(3)
PISA-Studie (2002)
OECD-PISA. Programme for international student assessment. Schülerleistungen
im internationalen Vergleich. Hrsg.: Kultusminister der Länder in der
Bundes-republik Deutschand und Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Berlin
(4)
Flöther, M. (2002):
Integration – Reizwort oder Vision für die Hörgeschädigtenpädagogik:
Hörgeschädigtenpädagogik. Heidelberg
(5)
Empfehlungen zum Förder-
schwerpunkt Hören (1996)
Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. 5. 1996.
Hrsg.: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in
der Bundesrepublik Deutschland
Sozialgesetzbuch IX tritt zum 1. Juli 2001 in Kraft
Beratungsangebote für behinderte Menschen verbessern!
28. Juni 2001
Landesbeauftragter
für Menschen
mit Behinderung
Das neue Sozialgesetzbuch IX wird zum 1. Juli 2001 in Kraft treten.
Zentrales Ziel dieses Gesetzes ist es nach Auffassung von Ulrich Hase,
Beratungsangebote von behinderten Menschen zu verbessern und schnellere
Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Reha-Leistungen zu erreichen.
Hierzu wurden die Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe
in den Kreis der Rehabilitationsträger (Träger der gesetzlichen
Krankenkassen, Bundesanstalt für Arbeit, Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung, der
Kriegsopferversorgung und - fürsorge) einbezogen.
Diese Träger haben den gesetzlichen Auftrag, auf Ebene der Kreise und
kreisfreien Städte sogenannte gemeinsame Servicestellen einzurichten, die
barrierefrei gestaltet sein sollen. Hier können Menschen mit Behinderung
umfassende Beratung und Unterstützung erfahren.
In Schleswig-Holstein hat die Landesversicherungsanstalt die Federführung
für den Aufbau dieser Servicestellen übernommen.
Ulrich Hase: "Ich freue mich darüber, dass in Schleswig-Holstein die
Vorbereitungen zur Einrichtung dieser Servicestellen auf Hochtouren laufen.
Wenn es gelingt, Servicestellen nach den Ideen des Gesetzgebers einzurichten,
dann müssen Menschen mit Behinderung nicht mehr von Pontius zu Pilatus
laufen, um ihre Rechte geltend zu machen."
Ein fraktionsübergreifender Entschließungsantrag des Bundestages vom Mai
2000 hatte die Notwendigkeit des Sozialgesetzbuches IX mit der tiefgreifenden
Wandlung des Selbstverständnisses behinderter Menschen und Grundlagen der
Behindertenpolitik begründet. Im Mittelpunkt stehen nun die Förderung der
Selbstbestimmung und die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am
Leben in der Gesellschaft.
Hase: "Seit 1994 beinhaltet das Grundgesetz ein Benachteiligungsverbot von
Menschen mit Behinderung. Mit dem Sozialgesetzbuch IX hat nun endlich der
Gesetzgeber erste Schritte zur Umsetzung dieses Benachteiligungsverbotes
unternommen."
Das Sozialgesetzbuch IX ist ein Artikelgesetz und ändert zahlreiche
Bundesgesetze zur Situation von Menschen mit Behinderung. Außerdem ist in
dieses Gesetz das novellierte Schwerbehindertengesetz aufgenommen worden.
Regelungsinhalte betreffen unter anderem die Gestaltung des Wunsch- und
Wahlrechts behinderter Menschen, den Abbau geschlechtstypischer Belastungen
behinderter oder von Behinderung bedrohter Frauen, aber auch die Belange
behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher.
Das Sozialgesetzbuch IX enthält beispielsweise eine Leistungsverbesserung
für behinderte Kinder, die in der gesetzlichen Krankenversicherung
versichert sind. Auf Anregung des Schleswig-Holsteinischen Landesbeauftragten
haben versicherte Eltern nun bei Erkrankung ihres behinderten und auf Hilfe
angewiesenen Kindes Anspruch auf Krankengeld, ohne dass wie zuvor eine
Altersbegrenzung von 12 Jahren gilt.
Hase war auch maßgeblich daran beteiligt, dass ab dem 1. Juli für
gehörlose Menschen im Umgang mit Sozialleistungsträgern, auch beim Arzt
oder im Krankenhaus, Gebärdensprachdolmetscher finanziert werden.
Darüber hinaus soll zukünftig in besonderen Fällen auf
Bedürftigkeitsprüfungen verzichtet werden.
Verantwortlich für diesen Pressetext:
Dr. Ulrich Hase,
Landesbeauftragter der Ministerpräsidentin
für Menschen mit Behinderung
Düsternbrooker Weg 80, 24105 Kiel
Tel.: 0431/ 988-1890, Telefax: 0431/ 988-1894
Im Internet: Pressedienst "Aktuelles" und Informationen der Landesregierung:
http://www.schleswig-holstein.de/landsh [1]
Mehr Informationen über Schleswig-Holstein im Schleswig-Holstein-Forum:
http://www.schleswig-holstein.de [2]
[1] http://www.schleswig-holstein.de/landsh
[2] http://www.schleswig-holstein.de/
Am 27. September 2009 findet die Bundestagswahl statt. Aber wissen Sie,
welche Ziele die Parteien haben und was sie für hörbehinderte Menschen tun
wollen? Nein? Dann laden wir Sie herzlich ein, zur barrierefreien
Podiumsdiskussion des Deutschen Gehörlosen-Bundes und des
Gehörlosenverbandes Berlin zu kommen! Sie findet am 04. September 2009 von
17-20 Uhr in der Passionskirche in Berlin statt. Bei dieser Veranstaltung
werden Politiker der großen Bundesparteien ihre Wahlprogramme und ihre Ziele
bzgl. Teilhabe und Inklusion für hörbehinderte Menschen vorstellen. Bei der
Podiumsdiskussion kann das Publikum auch Fragen stellen. Das Programm wird
mit Gebärdensprach- und Schriftverdolmetschung durchgeführt! Für die
Veranstaltung bitten wir um Anmeldung unter wahlkampf2009@gehoerlosen-bund.de
[1] bis zum 28. August 2009.
Nach der Podiumsdiskussion bietet der Gehörlosenverband Berlin im
Gehörlosenzentrum ab 21 Uhr ein schönes Programm unter dem Motto „In
Memory of Gunter Trube“ (= In Erinnerung an Gunter Trube“) an! Nähere
Informationen dazu in Kürze unter www.deafberlin.de [2].
Vom 4.-9. September 2009 findet übrigens auch die Internationale
Funkausstellung in Berlin statt. Dort werden wieder Sonderführungen für
hörgeschädigte Besucher angeboten! Nähere Infos unter
www.taubenschlag.de/meldung/4691 [3].
Berlin lohnt sich – wir freuen uns auf Sie!
Christine Daniel
(Assistentin der Geschäftsführung des Deutschen Gehörlosen-Bundes)
*Anhang*
Plaket der Veranstaltung [4]
[1] mailto:wahlkampf2009@gehoerlosen-bund.de
[2] http://www.deafberlin.de
[3] http://www.taubenschlag.de/meldung/4691
[4] https://www.deutsche-gesellschaft.de/sites/default/files/old/podiumsdiskussion_dgb_wahlkampfjahr2009.pdf
Am 5. Juni 2002 starb Klaus Hoffmann nach langer Krankheit. Die Trauerfeier
fand am 8. Juni 2002 in Nienberge/Münster statt.
Wir haben in Klaus Hoffmann einen Menschen verloren, der sich stets aus
tiefster Überzeugung und unermüdlich für die Belange von gehörlosen und
schwerhörigen Menschen eingesetzt hat.
Sein Wirken hat zahlreiche Spuren hinterlassen, von denen hier nur einige
genannt werden sollen.
Neben seiner beruflichen Arbeit für hörgeschädigte Menschen in Münster
organisierte Klaus Hoffmann seit 1973 Zusammenkünfte von Sozialarbeiterinnen
und -arbeitern sowie Hörgeschädigten-pädagoginnen und -pädagogen, bis
1979 der Berufsverband der SozialarbeiterInnen / SozialpädagogInnen für
Hörgeschädigte entstand. Klaus Hoffmann war Mitbegründer dieses Verbandes
und dessen Vorsitzender bis zum Jahre 2001. Von diesem Verband gingen
zahlreiche wichtige Impulse zur Verbesserung der Lebenssituation
hörgeschädigter Menschen aus.
Ein überaus wichtiger Wirkungsbereich von Klaus Hoffmann war die bundesweite
Koordinierung zahlreicher Hilfsmittelberatungsstellen in Zusammenarbeit mit
der Aktion Mensch. Dadurch ermöglichte er, dass Selbsthilfegruppen, Vereine
und andere Organisationen mit Hilfsmitteln für Hörgeschädigte versorgt und
Menschen mit Hörbehinderung in die Lage versetzt wurden, für sie wichtige
Hilfen kennen zu lernen und auszuprobieren.
Über diese Arbeit hinaus war er stets ein hilfreicher wie kompetenter
Ansprechpartner der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und
Schwerhörigen sowie des Deutschen Gehörlosen-Bundes, in dem er jahrelang
die Arbeit des Fachausschusses Technik unterstützte.
Besonderes Engagement zeigte Klaus Hoffmann beim Aufbau des
Gehörlosenzentrums Münster. Es ist ein großes Glück, dass er die
Eröffnung "seines" Gehörlosenzentrums sowie den Beginn der Aktivitäten in
diesem Zentrum miterleben konnte.
Die Stationen des Wirkens von Klaus Hoffmann zeichnen nur einen Teil des
Bildes seiner Persönlichkeit.
Wer ihm persönlich begegnete, erlebte eine Person, die Offenheit und klare
Worte im Miteinander schätzte. Dabei war es ihm ein besonderes Anliegen,
gehörlose und schwerhörige Menschen in ihrem Bemühen, ihre eigenen Belange
selbstbestimmt zu vertreten, zu fördern.
Was er versprach, das hielt er. Wenn er sich ein Ziel setzte, dann verfolgte
er dieses hartnäckig und ließ sich davon auch nicht durch manche
Rückschläge abbringen.
Auch in Zeiten, in denen seine Krankheit ihn mehr beeinträchtigte, als viele
es nachvollziehen können, blieb Klaus Hoffmann seiner Person treu.
Wir sind dankbar für das Lebenswerk von Klaus Hoffmann. Sein Wirken und
eindrucksvolle Begegnungen mit ihm haben Spuren hinterlassen, die ihn
unvergesslich machen.
Wir wünschen seiner Familie viel Kraft in der schweren Zeit des Abschied.
Dr. Ulrich Hase
Deutsche Gesellschaft zur Förderung
der Gehörlosen und Schwerhörigen
Gerlinde Gerkens
Deutscher Gehörlosenbund
Eine Pressemitteilung der Staatskanzlei Schleswig-Holstein
veröffentlicht am 05.12.2003
Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Dr. Ulrich Hase, ist
heute (5. Dezember) von Bundespräsident Johannes Rau mit dem Verdienstkreuz
am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet
worden. Der Bundespräsident verlieh ihm die Auszeichnung zum Internationalen
Tag des Ehrenamtes in Bonn.
13 Frauen und 13 Männer aus ganz Deutschland wurden in einer Feierstunde in
der Villa Hammerschmidt für ihr beispielhaftes ehrenamtliches Engagement mit
dem Verdienstorden geehrt. Ministerpräsidentin Heide Simonis gratulierte
Hase zu dieser Auszeichnung: "Es freut mich sehr, dass Ihr langjähriges
Engagement so gewürdigt wird. Sie haben sich seit vielen Jahren nicht nur
bei uns in Schleswig-Holstein, sondern auch bundesweit für Menschen mit
Behinderungen eingesetzt."
Der Rendsburger Ulrich Hase setzt sich seit mehr als 20 Jahren mit großem
Engagement für die Belange der Gehörlosen ein. Er ist seit 1990
stellvertretender Vorsitzender des Gehörlosen-Verbandes Schleswig-Holstein
und hat entscheidend dazu beigetragen, die Förderung der Gebärdensprache in
Schleswig-Holstein gesetzlich zu verankern. Als Präsident des
Gehörlosen-Bundes hat er sich von 1989 bis 1999 auch bundesweit für die
Anerkennung der Gebärdensprache eingesetzt. Die Kulturtage der Gehörlosen
1993 in Hamburg und 1997 in Dresden hat er mit großem persönlichem Einsatz
initiiert.
Als stellvertretender Vorsitzender und seit 1999 als Vorsitzender der
Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen hat
sich Hase stets um ein bundesweites Fortbildungsprogramm für
hörgeschädigte Menschen gekümmert. Der Rendsburger engagierte sich in
verschiedenen Projekten dafür, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen für
Gehörlose verbessert werden. Ein Beispiel ist "Telesign-Deutschland", ein
Bildtelefon-Dolmetschdienst, der es Gehörlosen ermöglicht, mit anderen
Menschen zu telefonieren.
Ulrich Hase war von 1995 bis 1997 ehrenamtlich als Landesbeauftragter für
Menschen mit Behinderung tätig, bevor er die Aufgabe hauptamtlich übernahm.
Die Funktion ist seit März 2003 beim Sozialministerium angesiedelt.
Verantwortlich für diesen Pressetext:
Gerhard Hildenbrand, Anne Nilges, Regierungspressestelle
Landeshaus, 24105 Kiel, Tel: 0431/988-1704, Fax: 0431/988-1977
Absender:
Staatskanzlei
Kontakt:
landesregierung@schleswig-holstein.de [1]
[1] http://landesregierung.schleswig-holstein.de/coremedia/generator/System/Aufz_C3_A4hlungstypen/Inhalt/AbsenderLang/Staatskanzlei,templateId=renderSendEmailForm.html
Pressemitteilung des Forums
selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen
*Persönliches Budget
Chancen - Risiken - Perspektiven *
Unter diesem Titel fand am 1. und 2. 11. 2001 ein ExpertInnenseminar statt.
Dank der Förderung durch das Bundesministerium für Gesundheit gelang es,
für zwei Tage Expertinnen und Experten aus verschiedenen Verbänden nach
Kassel zu holen. Die Ergebnisse dieses Seminars und weitere interessante
Infos zum Persönlichen Budget werden ab jetzt unter
www.selbsthilfe-online.de/fs/ [1]
oder auf der Homepage des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter
Menschen - ForseA e.V. - unter
www.forsea.de [2]
präsentiert.
Mit dieser Initiative zum Persönlichen Budget will das Forum
selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen - ForseA e.V. - die neu im
Sozialgesetzbuch IX verankerte Möglichkeit der Leistungserbringung in Form
eines Persönlichen Budgets aufgreifen und verbandsübergreifend weiter
entwickeln.
Wir laden Sie also ein, sich bei uns über die neuesten Entwicklungen in
Sachen Persönliches Budget zu informieren und wünschen Ihnen dabei viel
Spaß.
Elke Bartz
Vorsitzende des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen ForseA
e.V.
www.selbsthilfe-online.de/fs/ [3] oder www.forsea.de [4]
[1] http://www.selbsthilfe-online.de/fs/
[2] http://www.forsea.de/
[3] http://www.selbsthilfe-online.de/fs/
[4] http://www.forsea.de/
Nach aktueller Information der Deutschen Gesellschaft ist der von uns ins
Internet gestellte Referentenentwurf [1] von Mai dieses Jahres zu einem
Antidiskriminierungsgesetz von der Bundesregierung wieder zurückgezogen
worden.
Es gibt also zur Zeit keinen "offiziellen" Entwurf der Bundesregierung. Ein
Diskussionsentwurf wird zur Zeit auf Koaltionsebene in Berlin neu verhandelt.
Es wurde im Bundestag eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich regelmäßig
trifft und alle Punkte juristisch abarbeitet. Eine zentrale Fragestellung ist
in diesem Zusammenhang, wie weit in das Zivilrecht eingegriffen werden darf.
Nach unserer Information ist geplant, dass noch in diesem Jahr ein neuer
offizieller Entwurf vorliegen soll.
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/modules.php?name=News&file=article&sid=120
Was vielleicht viele nicht wissen: die Wahl zum Bundespräsidenten am letzten
Sonntag, dem 23. 5. 2004 wurde vor Ort in Gebärdensprache gedolmetscht.
Das Gebärdensprachdolmetschen erfolgte jedoch (leider) nicht, um gehörlosen
Zuschauerinnen und Zuschauern den Wahlvorgang verständlich zu machen. Denn
für die Fernsehenden waren die beiden Gebärdensprachdolmetscher nicht
sichtbar. Gedolmetscht wurde für den gehörlosen Historiker Dr. Hans-Uwe
Feige. Feige hatte sich nicht in den Reichtstag "hineingeschmuggelt", sondern
war ganz offiziell während der Bundesversammlung Wahlmann der PDS seines
Bundeslandes Sachsen.
Es war das erste Mal, dass ein Gehörloser unmittelbar durch Beteiligung an
der Wahl zum Bundespräsidenten in die "hohe Politik" Einfluss nehmen konnte.
Damit ist für Hans-Uwe Feige auch ganz persönlich eine besondere
Anerkennung zum Ausdruck gekommen. Glückwunsch auch an die PDS für ihre
Entscheidung, Hans-Uwe mit dem Amt des Wahlmannes zu beauftragen. Die PDS hat
auf diese Weise ihr Engagement zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit
Behinderung verdeutlicht.
Hans-Uwe Feige ist Vorsitzender der Gesellschaft für Gebärdensprache und
Kommunikation Gehörloser e.V. Dieser Verband ist Mitglied der Deutschen
Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen.
In einem Modellprojekt der GfAH werden seit April 2006 Lehrgänge
„Fitnesstrainerin & Fitnesstrainer für hörgeschädigte Menschen“ für
selbst hörgeschädigte Menschen angeboten. Das Projekt wird vom Land
Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union finanziell unterstützt und
läuft noch bis Ende April 2007.
Teilzeitlehrgang (04-04. – 30.11.2006)
Der 8-monatige Teilzeitlehrgang „Fitnesstrainerin & Fitnesstrainer für
Hörgeschädigte“ hat am 04.04.2006 begonnen. Die 18 Teilnehmer(innen) sind
noch immer sehr motiviert und interessiert bei der Sache. Um eine
reibungslose Kommunikation zwischen den Anwesenden zu gewährleisten, werden
die theoretischen und praktischen Unterrichtsinhalte in Gebärdensprache
vermittelt.
Der Unterricht wird zudem durch Lehrbücher unterstützt, die den
Anforderungen einer von der Fitnessbranche anerkannten Ausbildung hörender
Personen zu Fitnesstrainerinnen und Fitnesstrainer entspricht. Zum besseren
Verständnis der Lehrbücher und der sich darin befindenden Fremdwörter und
Fachbegriffe wurde ein Fremdwörterlexikon angefertigt.
Diese Maßnahmen schaffen die Voraussetzung dafür, dass die
Teilnehmer(innen) den praktischen und theoretischen Unterrichtsinhalten gut
folgen können.Durch ein 4-wöchiges Praktikum, welche die Teilnehmer(innen)
bereits erfolgreich in einem Fitness-Studio absolviert haben, konnten die
Teilnehmer(innen) einen ersten Einblick in das Leben als Fitnesstrainer(in)
erlangen.
Wir möchten an dieser Stelle auf zukünftige Lehrgänge zur Ausbildung
Hörgeschädigten zu Fitnesstrainerinnen und Fitnesstrainern aufmerksam
machen.
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Geplante Lehrgänge ab 2007:
Vollzeitlehrgang (15.01.2007 – 14.04.2007)
Der Teilzeitlehrgang dauert 3 Monate und ist Montags bis Donnerstags in der
Zeit von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr geplant. Ein Praktikum in einem
Fitness-Studio ist Bestandteil dieses Lehrgangs. Dieser Lehrgang ist für die
Teilnehmer kostenlos. Für eventuell anfallende Kosten (z. B. Fahrtkosten)
wird eine Mehraufwandentschädigung von bis zu 120 € gezahlt.
Nähere Informationen zu den Teilnahmevoraussetzungen und den
Lehrgangsinhalten erhalten Sie zusammen mit dem Anmeldeformular als
*Download* [1].
Lehrgangsort ist Münster und Emsdetten in Westfalen. Das Modellprojekt wird
finanziell unterstützt durch die Europäische Union und das Land
Nordrhein-Westfalen.
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Lehrgang „Ausbildung von gehörlosen und schwerhörigen Frauen zu
Fitnesstrainerinnen“ in der Emscher- Lippe Region
In diesem Projekt sind zwei 3-monatige Vollzeitlehrgänge und ein 6
–monatiger Teilzeitlehrgang geplant. Die kostenlosen Lehrgänge werden ab
Januar 2007 beginnen. Die genauen Termine werden noch bekannt gegeben.
Lehrgangsort ist voraussichtlich Essen.
Teilnahmevoraussetzungen:
Die an einer Teilnahme interessierten hörgeschädigten Frauen müssen:
• schwerhörig oder gehörlos sein,
• Inhaberin eines Schwerbehindertenausweises sein,
• ein Mindestalter von 18 Jahren aufweisen,
• arbeitslos bzw. langzeitarbeitslos gemeldet sein,
• oder in Teilzeit beschäftigt sein,
• ihren Wohnsitz möglichst in Nordrein-Westfalen haben
(wünschenswert ist der Wohnsitz in der Emscher- Lippe Region),
• die Gebärdensprache beherrschen,
• einen Hauptschulabschluss oder einen ähnlichen Abschluss besitzen.
Eine Teilnahme an diesen Lehrgängen ist nur für hörgeschädigte Frauen
möglich!
Welche Inhalte vermittelt der Lehrgang?
Innerhalb des jeweiligen Lehrgangs liegen die Schwerpunkte bei der
Vermittlung von theoretischen und praktischen Kenntnissen in den Bereichen:
• Sportmedizin, z. B. Grundlagen der Anatomie (Bau des menschlichen
Körpers),
• Allgemeine Trainings- und Bewegungslehre, z. B. die motorische/
gleichlaufende Fähigkeit von Kraft, Beweglichkeit, Koordination
(Zusammenwirken von den an einer Bewegung beteiligten Muskeln) und
Schnelligkeit,
• Spezielle Trainingslehre, z. B. Aufbau einer Trainingseinheit (Wie
erstelle ich einen Trainingsplan?; Wie führe ich einen Fitnesstest durch?),
• Gerätekunde/ Gerätebedienung, z. B. Wie werden die Trainingsgeräte
richtig bedient?,
• Grundlagen der Ernährung, z. B. Was muss/darf ich essen, wenn ich
abnehmen möchte?
• Vorbereitung auf eine selbständige Tätigkeit, z. B. Wie mache ich mich
selbständig (Voraussetzungen, Grundlagen, Gründungskonzept, Kapital,
Förderungsmöglichkeiten)? etc.
Während des Lehrgangs unterstützen wir alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer
in ihrer Suche nach einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie
bei der Vorbereitung auf eine selbständige Tätigkeit als
„Fitnesstrainerin und Fitnesstrainer für Hörgeschädigte
Wir hoffen mit diesem Angebot vielen hörgeschädigten Frauen eine neue
berufliche Perspektive geben zu können. Für Frauen mit Familie, ist die
Form der Teilzeitweiterbildung eine gute Alternative zur Vereinbarkeit von
Familie und Beruf.
Weitere Informationen finden Sie unter www.gfah.de,
oder wenden Sie sich persönlich an
Dirk Bläcker
Tel. 0231- 55 69 76 0
Email: blaecker@gfah-do.de [2]
Daniela Marino
Email: marino@gfah-do.de [3]
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-196-5f46510a65e95.pdf
[2] mailto:blaecker@gfah-do.de
[3] mailto:marino@gfah-do.de
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) informierte die DG wie
folgt: Am 13.Juli verkündete Niedersachsens Finanzminister Möllering, dass
sein
Land das einkommens- und vermögensunabhängige Blindengeld zum 1. Januar
2005
ersatzlos abschaffen will. Anderen Ländern empfahl er, es Niedersachsen
gleich zu tun. Wohin die begonnene Reise gehen soll, formulierte
Friedrich-Otto Ripke, Generalsekretär der niedersächsischen CDU in einer an
uns weitergeleiteten Mail am 9. August:
"... Mit dem Wegfall des Landesblindengeldes wird der Grundsatz
verwirklicht, Sozialleistungen nur an Bedürftige und diejenigen Personen zu
geben, die einen Nachteil bei der persönlichen Lebensführung haben und die
notwendigen Mehraufwendungen nicht mit eigenen Mitteln ausgleichen können.
..."
Ripke spielt damit auf die Blindenhilfe nach SGB XII an, die es ja weiterhin
gibt.
Es manifestiert sich hier eine Gefahr, die ich den zweiten Paradigmenwechsel
in der Behindertenpolitik der letzten Jahre nennen möchte.
Nachteilsausgleiche, die behinderten Menschen grundsätzlich eine
einigermaßen gleichberechtigte Teilhabe an unserem gesellschaftlichen und
beruflichen Leben ermöglichen sollten, werden wieder zu Hilfen umdefiniert,
die nur sozialhilfeberechtigten Menschen zugute kommen sollen. Wer zum
Beispiel mehr als 2.600 Euro besitzt, muss dieses Guthaben, diese
Altersvorsorge o.ä. künftig grundsätzlich behinderungsbedingt aufbrauchen,
bevor ihn die Gesellschaft unterstützt. Menschen, die nun einmal ein Leben
lang behindert sind, werden auf Dauer in ein System gedrängt, das eigentlich
einmal zur Abfederung vorübergehender Notsituationen geschaffen wurde. Ihr
Los soll wieder heißen: Nachhaltige Bedürftigkeit!
Strategie oder nicht: Klar ist, dass der aktuelle niedersächsische
Kabinettsbeschluss nicht nur die Bürgerinnnen und Bürger dieses
Bundeslandes
und auch nicht nur blinde Menschen trifft. In Schleswig-Holstein
beispielsweise läuft das Blindengeldgesetz Ende 2005 aus. In anderen
Ländern, in denen Nachteilsausgleiche im Rahmen umfassenderer Gesetze auch
an Gehörlose, hochgradig Sehbehinderte oder andere Gruppen
Schwerstbehinderter gezahlt werden, fürchtet oder erwartet man bereits den
Dominoeffekt. Auch eine Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung oder eine
Freifahrtregelung bisherigen Zuschnitts dürfte kaum noch zu halten sein,
wenn es nicht gelingt, den sich in Niedersachsen Bahn brechenden neuen
Paradigmenwechsel aufzuhalten.
Meine besondere Bitte gilt in diesem Zusammen hang allen
Behindertenorganisationen und ihren Mitgliedern:
Die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe ruft dazu auf, mit einer
Demonstration am 11. September in Hannover gegen die Abschaffung des Systems
der Landesblindengelder und ähnlicher Nachteilsausgleiche zu protestieren.
Wirkung werden wir dabei allerdings nur erzielen, wenn unsere Demonstration
eindrucksvoller und größer ausfällt als 2001 in Bremen und wenn wir
gleichzeitig noch mehr Unterstützung aus allen Behindertenorganisationen
mobilisieren können. Ich bitte deshalb darum, den Demonstrationsaufruf, den
ich dieser Mail anhänge, samt dem zugehörigen Anschreiben an möglichst
viele
Menschen weiterzuleiten.
gez. Andreas Bethke
Anlagen: Aufruf zur Demonstration [1] | Anhang [2]
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-197-5f46510a96f7a.doc
[2] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-197-5f46510a9d269.doc
Ich bin gehörlos oder schwerhörig. So ganz klar ist mir nicht, wann ich nun
wirklich Anspruch auf Gebärdensprachdolmetschen habe.
Die folgenden vierzehn Beispiele helfen mir, das Ganze besser zu sehen.
*Situation*
*Möglichkeit zur Finanzierung des Dolmetschers durch SGB IX?*
*Erklärung*
Ich bin gehörlos und benötige zu regelmäßig stattfindenden Besprechungen
(z.B. einmal in der Woche) an meinem Arbeitsplatz einen Dolmetscher
Ja
Grundsätzlich besteht diese Möglichkeit über Arbeitsassistenz nach § 102
SGB IX. Der Antrag wird beim zuständigen Integrationsamt
(Hauptfürsorgestelle) gestellt
ich bin gehörlos. Als Schuhmacher habe ich mich selbständig gemacht. Kann
ich auch zu bestimmten Situationen Dolmetscher finanziert bekommen?
Ja
Arbeitsassistenz gilt auch für Selbständige. Auch hier wird der Antrag beim
Integrationsamt gestellt
Ich bin gehörlos und habe noch keinen Arbeitsplatz. Beim Bewerbungsgespräch
um einen Arbeitsplatz möchte ich einen Dolmetschdienst nutzen
Ja
Arbeitsassistenz gilt über § 33 SGB IX auch für Arbeitssuchende.
Zuständig sind das Arbeitsamt oder auch das Integrationsamt
ich bin gehörlos und möchte für berufliche Telefonate den
Bildtelefon-Dolmetschdienst Telesign nutzen
Ja
die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Hauptfürsorgestellen unterstützt die
Nutzung dieses Dolmetschdienstes gegen einen monatlichen Pauschalbetrag
ich bin gehörlos und will mich in einer Servicestelle z.B. zu einem
Rentenantrag beraten lassen
Ja und Nein
in Servicestellen soll es keine Kommunikationsbarrieren geben. Manche
Servicestellen haben vielleicht deshalb Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter,
die die Gebärdensprache können. Dann habe ich keinen Anspruch, eine
Dolmetscherin bezahlt zu bekommen. Das gilt aber nicht, wenn die
Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter die Gebärdensprache nicht können
Ich bin gehörlos und will mich beim Sozialamt beraten lassen. Ich bringe
eine Dolmetscherin mit
Ja und Nein
das Sozialamt gehört zu den Reha-Trägern (siehe § 6 SGB). § 17 SGB I
verpflichtet die Reha-Träger zur Finanzierung. Dieses gilt auch dann, wenn
ich mich an einen anderen Reha-Träger, der in § 6 aufgelistet ist, wende.
Wenn jedoch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der jeweiligen Institutionen
die Gebärdensprache beherrschen, besteht kein Anspruch auf Dolmetscherinnen
oder Dolmetscher
ich bin von Kindheit an stark schwerhörig. Ich nutze auch die Möglichkeit
der "Freifahrt". Nun möchte ich wie Gehörlose zur Beratung z.B. beim
Arbeitsamt einen Dolmetschdienst beauftragen
Ja
nach der neuen Ausweisverordnung kann ich auch das Merkzeichen Gl bekommen.
Mit diesem Merkzeichen habe ich einen eindeutigen Nachweis dafür, dass der
Gebärdensprachdolmetschdienst finanziert werden kann
ich bin gehörlos und möchte beim Straßenverkehrsamt eine Dolmetscherin
hinzuziehen
Nein
das Straßenverkehrsamt ist kein Reha-Träger! Es ist daher über SGB IX
nicht verpflichtet, Dolmetsch-Kosten zu übernehmen
ich bin gehörlos und möchte zur Beratung beim Arzt eine Dolmetscherin haben
Ja
§ 17 SGB I schließt den Bereich der ärztlichen Untersuchungen und
Behandlungen ausdrücklich ein. Krankenkassen können sich nun nicht mehr
weigern, diese Kosten zu übernehmen
ich bin schwerhörig und habe einen Grad der Behinderung von 50. Ich möchte
wie Gehörlose zur Behandlung beim Arzt den Dolmetschdienst hinzuziehen, da
ich mich mit Unterstützung durch Gebärdensprache sicherer fühle
Ja und Nein
das Vorliegen des Merkzeichens Gl ist nicht zwingend erforderlich, um
Dolmetschleistungen in Anspruch nehmen zu können. Da ich aber das
Merkzeichen Gl nicht erhalten werde (ich habe schon vergeblich versucht,
"Freifahrt" zu bekommen), wird es mir schwer fallen, die Notwendigkeit zur
Finanzierung des Dolmetschdienstes zu begründen. Ich muss damit rechnen,
dass es nicht klappt
ich bin gehörlos und habe beim Arbeitsgericht einen Prozess verloren. Nun
fordert das Gericht von mir die Zahlung der Kosten für die
Gebärdensprachdolmetscherinnen. Kann ich mich dagegen wehren?
Ja
das Gericht darf aufgrund des § 12 Abs. 5b Arbeitsgerichtsgesetz keine
Kosten für den Dolmetschdienst erheben
Ich bin gehörlos und habe im Scheidungsverfahren beim Amtsgericht einen
Dolmetscher bekommen. Habe ich jetzt auch einen Anspruch auf Kostenübernahme
über das SGB IX?
Nein
dieser Anspruch besteht nicht aus dem SGB IX. Das SGB IX gilt nur für die
Arbeitsgerichtsbarkeit.Es besteht aber die Absicht, einen solchen Anspruch
zukünftig über ein Bundesgleichstellungsgesetz für Menschen mit
Behinderung zu gestalten
Ich bin gehörlos und mache meine Abschlussprüfung in einem Beruf nach dem
Berufsbildungsgesetz. Nun möchte ich zur Prüfung einen Dolmetscher bezahlt
bekommen
Ja
§ 48 a Berufsbildungsgesetz regelt den Einsatz des Dolmetschdienstes. Damit
ist die Finanzierung durch den zuständigen Reha-Träger sichergestellt
Ich bin gehörlos und möchte im Examen nach meinem Hochschulstudium
Dolmetscherinnen einsetzen. Diese will ich über das SGB IX finanzieren
lassen
Nein
dieser Bereich wird durch das SGB IX nicht als zwingend geregelt. Es wird
versucht, über das Bundesgleichstellungsgesetz und
Landesgleichstellungsgesetze hier Klarheit herzustellen.
*Ein besonders wichtiger Hinweis: *
Gehörlose haben nun die Möglichkeit, in mehr Situationen als je zuvor
Gebärdensprachdolmetscherinnen und - dolmetscher einzusetzen und finanziert
zu bekommen.
Ich muss aber wissen:
*Gehörlose können nicht erwarten, dass sofort und ohne vorherige Absprache
Dolmetscherinnen oder Dolmetscher zur Verfügung stehen. *
*Gehörlose tragen Mitverantwortung! *
Deshalb habe ich selbst folgende Aufgaben:
* *Ich muss gegenüber dem Reha-Träger, der Servicestelle oder dem Arzt
mitteilen, dass ich einen Dolmetschdienst benötige. Vielleicht kann ja
eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bereits gut Gebärdensprache?*
* Ich muss klären: wer bestellt die Dolmetscherin oder den Dolmetscher?
* Wenn ich mich selbst darum kümmern soll: Ich muss den Termin mit der
Dolmetscherin oder dem Dolmetscher rechtzeitig planen.
Bundespräsident Johannes Rau und Behindertenbeauftragter Hermann Haack im
Gespräch mit Vertretern der Liechtensteiner Stiftung zur Förderung
körperbehin-derter Hochbegabter
Im Gespräch mit Bundespräsident Johannes Rau erläuterten Vertreter und
Stipendiaten der Liechtensteiner Stiftung zur Förderung körperbehinderter
Hochbegabter gestern im Schloss Bellevue die Ziele und Arbeit der Vaduzer
Einrichtung.
Die vor 25 Jahren gegründete Stiftung hat mehr als 500 Stipendiaten in ihrer
akademischen Entwicklung gefördert und sich für einen gesellschaftlichen
Wandlungsprozess stark gemacht. Der Vorsitzende des Stiftungsrates, Michael
Jäger, betonte gegenüber dem Bundespräsiden-ten, es herrsche nach wie vor
in
der Gesellschaft stillschweigend die Überzeugung, dass eine Körper- oder
Sinnesbehinderung mit einem eingeschränkten geistigen Entwicklungsprozess
einhergehe. Jäger: "Wir müssen immer wieder feststellen, dass unsere
Stipendiaten doppelte Schwierigkeiten zu meistern haben: Ihre Behinderung
und ihre Hochbegabung."
Der Behindertenbeauftragte Hermann Haack, auf dessen Vermittlung das
Gespräch zustande kam, ergänzte : "Die Förderung hochbegabter Menschen mit
Behinderungen, wie sie von der Vaduzer Stiftung geleistet wird, zielt auch
auf Lebensbereiche, in denen vielfältige Barrieren den Zugang zu Bildung
blockieren. Das gestern vom Kabinett verabschiedete Gleichstellungs-gesetz
stellt die Weichen in Richtung Barrierefreiheit. Die Bundesregierung hat die
bestehenden Probleme erkannt und gehandelt. Barrieren an
Bildungseinrichtungen können allerdings durch ein Bundesgesetz nicht
beseitigt werden. Bildung ist Ländersache. Deshalb sind die Bundesländer
gefordert, so schnell wie möglich Landesgleichstellungsgesetze vorzulegen,
in denen verbindlich Barrierefreiheit an den Hochschulen geregelt wird.
Stiftungen, wie die zur Förderung körperbehinderter Hochbegabter sind
wichtig. Aber sie können nicht all das ausgleichen, was seitens der
Hochschulen noch nicht geleistet wird."
__________________________________________
Informationsdienst der ISL e.V. in Zusammenarbeit mit
Selbsthilfe-Online - www.selbsthilfe-online.de
Infos bei ottmar.miles-paul@selbsthilfe-online.de [1]
[1] mailto:ottmar.miles-paul@selbsthilfe-online.de
Pressemitteilung über die Veranstaltung
"der Deutsche Behindertenrat am Welttag der Behinderten"
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
anbei nun die Details zur diesjährigen Veranstaltung des Deutschen
Behindertenrates am Welttag der Behinderten am 3. Dezember in Berlin. In der
Mittagspause plant die ISL e.V. und das NETZWERK ARTIKEL 3 und sicherlich
noch mehr Verbände um 13.00 Uhr vor dem Bundesjustizministerium eine
Kundgebung für das zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetz und um 15.00
Uhr findet vor der Berliner Verkehrsgesellschaft eine weitere Aktion statt.
Kommt also alle nach Berlin.
Herzliche Grüße
Ottmar Miles-Paul
___________________________
Vorläufiges Programm
"GLEICH RICHTIG STELLEN: RICHTIG GLEICHSTELLEN !
Veranstaltung des Deutschen Behindertenrates zum Welttag der Behinderten am
03.12.2001
Foyer des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Berlin
unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herrn
Wolfgang Thierse
Tagungsanschrift:
BMA - Kleist Haus
Mauerstraße 53
10117 Berlin
"GLEICH RICHTIG STELLEN: RICHTIG GLEICHSTELLEN !"
Welttagsveranstaltung des Deutschen Behindertenrates am 03.12.2001
Foyer des BMA, Berlin
11.00 Uhr Begrüßung Ingrid Körner, Vorsitzende des Sprecherrates des DBR
11.05 Uhr - 11.25 Uhr Rede des Schirmherrn Wolfgang Thierse,
Bundestagspräsident (angefragt)
11.25 Uhr - 11.35 Uhr Grußwort des Hausherrn, Walter Riester, Minister für
Arbeit und Sozialordnung (angefragt)
11.35 Uhr - 12.10 Uhr Einführung in die Problematik "Gleichstellung
behinderter und chronisch kranker Menschen"
Moderation: Dr. Sigrid Arnade,
- Beispiele von Betroffenen aus verschiedenen Bundesländern
- Vertreter(in) des Bereichs geistige Behinderung Manfred Beslé, Berlin
- Vertreter(in) des Bereichs Hörbehinderung
- Vertreter(in) des Bereichs Sehbehinderung / Blind
- Vertreter(in) des Bereichs Körperbehinderung
- Vertreter(in) des Bereichs chronische Erkrankung
- Vertreter(in) des Bereichs psychische Erkrankungen
12.10 Uhr - 12.40 Uhr Bilanz und Perspektiven eines Gleichstellungsgesetzes
in Deutschland aus der Sicht des DBR Ingrid Körner, Vors. des Sprecherrates
des DBR
12.40 Uhr - 13.00 Uhr Plenumsdiskussion
13.00 Uhr - 13.30 Uhr Kurze Pause
13.30 Uhr - 14.40 Uhr Gleichstellung auf
- europäischer Ebene, Odile Quintin, DG V (angefragt) Vertreterin der
EU-Kommission
- Bundesebene, Karl Hermann Haack MdB, Beauftragter der Bundes-regierung für
die Belange der Behinderten
- Landesebene, Vertreter des MASQS des Landes NRW
14.40 Uhr - 15.30 Uhr Plenumsdiskussion und Zusammenfassung Brigitte Pathe,
künftige Vorsitzende des Sprecherrates
Ende der öffentlichen Veranstaltung
15.30 Uhr - 16.00 Uhr Imbiss
16.00 Uhr - 17.30 Uhr Interne Vollversammlung des Deutschen Behindertenrates
Ingrid Körner, Vorsitzende des Sprecherrates
Christoph Nachtigäller, Vorsitzender des Arbeitsausschusses des DBR
17.30 Uhr Ende der Veranstaltung
____________________________________________
Deutscher Behindertenrat (DBR)
c/o Bundesarbeitsgemeinschaft
Hilfe für Behinderte e.V.
Wolfgang Tigges
Kirchfeldstr. 149
40215 Düsseldorf
Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache erreicht!
Bundesgleichstellungsgesetz beendet Diskriminierung "Endlich ist ein Ende
der jahrzehntelangen Diskriminierung der Gebärdensprache in Deutschland in
Sicht", freute sich Ulrich Hase, ehemaliger Präsident des Deutschen
Gehörlosen-Bundes und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Förderung
der Gehörlosen und Schwerhörigen auf der Berliner Pressekonferenz am
30.04.02. Er bedankte sich stellvertretend für viele gehörlose Menschen
für den Einsatz von Politik, Bundesregierung und Behindertenverbänden,
damit das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen
(Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) auf den Weg gebracht werden konnte.
Durch dieses Gesetz würden zugunsten von hörgeschädigten Menschen
Kommunikationsbarrieren verringert und Chancen zur Teilhabe erweitert werden.
Die Anerkennung der Gebärdensprache setze die durch das Sozialgesetzbuch IX
begonnene Entwicklung fort, eindeutige Regelungen zur Finanzierung von
Gebärdensprachdolmetschern zu schaffen. Das sei auch wichtig, denn "in
Deutschland gibt es bisher viel zu wenig Dolmetscher für hörgeschädigte
Menschen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass bisher eindeutige
Rechtsgrundlagen fehlten", meinte Hase.
Hase vertraut auf die Ausstrahlungswirkung der Anerkennung der Deutschen
Gebärdensprache als eigenständiger Sprache im Bundesgleichstellungsgesetz
auf viele wichtige Bereiche. Hier spricht er an, dass es im Fernsehen noch
viel zu wenig Gebärdensprach- Einblendungen gibt. Auch sei es notwendig, die
Anerkennung auf Landesebene voranzutreiben. Hier seien Regelungen zur
Finanzierung von Gebärdensprach- Dolmetschern im Kontakt zu den
Landesbehörden sowie zu Einbeziehung von Gebärdensprache in die Bildung
hörgeschädigter Menschen wichtig.
Hase, der auch Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung in Schleswig-
Holstein ist, wies darauf hin, dass es dort seit dem 23.04.2002 einen
Regierungsentwurf zu einem Landesgleichstellungsgesetz gibt. In diesem Gesetz
sind ebenfalls wichtige Regelungen zur Gebärdensprache im
Zuständigkeits-bereich des Landes vorgesehen. Schleswig- Holstein werde
damit das 3. Bundesland mit einem Landesgleichstellungsgesetz für Menschen
mit Behinderung.
gez.
*Dr. Ulrich Hase*
In diesem Artikel finden Sie Informationen zum Sozialgesetzbuch IX Am 11.
Mai 2001 hat der Bundesrat dem SGB (Sozialgesetzbuch) IX zugestimmt.
Das bedeutet: das neue SGB IX wird zum 1. Juli 2001 in Kraft treten.
*Zeitliche Folge zur Entstehung des SGB IX:*
19. 5. 2000 Annahme des Entschließungsantrages
zum SGB IX im Bundestag
16. 1. 2001 1. Lesung im Bundestag
09. 3. 2001 Stellungnahme des
Bundesrates zum SGB IX
06. 4. 2001 Beschluss des SGB
IX im Bundestag (2. und 3. Lesung)
11. 5. 2001 Zustimmung des
Bundesrates
01. 7. 2001 das SGB IX tritt
in Kraft
.... Zur Erinnerung:
Die Bundesregierung hatte in ihrer
Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 unter Anderem versprochen:
Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen sollen
gefördert werden. Dem Benachteiligungsverbot des Grundgesetzes für
behinderte
Menschen soll Geltung verschafft werden.
Außerdem wollte sich die Bundesregierung für die Gleichberechtigung von
Gebärdensprache
und deutscher Laut- und Schriftsprache einsetzen.
Mit dem SGB IX hat die Bundesregierung nun ihre Versprechen im
Geltungsbereich
dieses Gesetzes eingelöst.
Dieser Aufsatz soll einen allgemeiner
Überblick über das neue SGB IX geben. Gleichzeitig wird genauer darauf
eingegangen,
welche Bedeutung dieses Gesetz insbesondere für Gehörlose und Schwerhörige
hat.
Dabei liegt der Schwerpunkt im Bereich der Auswirkungen auf die Anerkennung
der Gebärdensprache.
Petra Piel vom Deutschen Gehörlosen-Bund
und ich werden die Leserinnen und Leser der DGZ auch in späteren Beiträgen
umfassender
über diese Neuerungen, vor allem im Hinblick auf die praktische Umsetzung,
informieren.
Das SGB IX ist nicht leicht zu verstehen.
Es hat zwar den Anspruch, das geltende Rehabilitationsrecht zu vereinfachen.
Dennoch: es ist sehr umfangreich und nicht nur für den Laien schwer zu
überschauen.
Das hat z.B. damit zu tun, dass dieses Gesetz durch Änderungsgesetze in
zahlreiche
andere Gesetze eingreift. Um diese Änderungen richtig nachvollziehen zu
können,
ist es erforderlich, die wesentlichen Inhalte der jeweiligen Gesetze zu
kennen
bzw. gegenzulesen.
.... Aufbau des SGB IX
Artikel 1 des SGB IX enthält im
ersten Teil neue allgemeine Regelungen für behinderte und von Behinderung
bedrohte
Menschen. Man kann es auch so sagen: Dieser erste Teil des Artikels 1 SGB IX
stellt das eigentliche neue Gesetz dar.
Den zweiten Teil des SGB IX bildet
das bisherige Schwerbehindertengesetz, das nun Teil des SGB IX geworden ist.
Anschließend ändern sogenannte Artikelgesetze
(Artikel 2 bis 59) zahlreiche Gesetze.
Art. 60 legt fest, dass das SGB IX
zum 1. Juli 2001 in Kraft tritt.
.... Art. 1 Teil 1 des SGB IX
bezieht sich auf Leistungen, mit
denen behinderungsbedingte Benachteiligungen vermieden, ausgeglichen oder
überwunden
werden sollen.
Zuständig hierfür sind die sogenannten Rehabilitationsträger.
Wer diese Rehabilitationsträger sind, legt § 6 SGB IX fest.
.... § 6
.... Rehabilitationsträger
(1) Träger der Leistungen zur
Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein
1) die gesetzlichen Krankenkassen...
2) die Bundesanstalt für
Arbeit...
3) die Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung...
4) die Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung...
5) die Träger der Kriegaopferversorgung...
6) die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe...
7) die Träger der Sozialhilfe...
Interessant ist, dass nun auch Träger der öffentlichen Jugendhilfe
(Jugendämter)
und Träger der Sozialhilfe (Sozialämter) zu dem Kreis der
Rehabilitationsträger
gehören.
Auf diese Weise soll klargestellt werden, dass zu einer vollen Teilhabe am
Leben
in der Gesellschaft nicht nur medizinische und berufliche Leistungen zur
Rehabilitation
wichtig sind und es im Interesse der behinderten Menschen maßgeblich auf
eine
Zusammenarbeit dieser Träger ankommt.
Was bedeutet das in der Praxis?
Das SGB IX bezieht sich ausschließlich auf *diese* Behörden und deren
Leistungen.
Mit anderen Worten: Das SGB IX hat keine Bedeutung für andere Behörden,
z.B.
Ordnungsämter, Straßenverkehrsämter oder Standesämter.
Ein wesentliches Ziel des SGB IX
ist es, den Zugang zu *sozialen* Leistungen zukünftig schneller und
unbürokratischer
zu regeln. Deshalb gibt es im SGB IX den § 14, der festlegt, wie schnell
Anträge
zu bearbeiten sind.
Damit es keine langen Wartezeiten
und mühsamen Behördengänge mehr gibt, sollen wohnortnahe *gemeinsame
Servicestellen*
eingerichtet werden. Hier wird Beratung und Unterstützung erfolgen.
Behinderte
Menschen müssen sich nicht mehr von Behörde zu Behörde schicken lassen.
Sie
können zu einer Servicestelle gehen und diese bearbeitet den Antrag in
Zusammenarbeit
mit den zuständigen Behörden.
Unter der Federführung der Landesversicherungsanstalten werden zur Zeit
bundesweit
solche Servicestellen vorbereitet. Es soll sie in allen Kreisen und
kreisfreien
Städten (insgesamt 309 Servicestellen in Deutschland) geben.
*Keine Kommunikationsbarrieren
in den gemeinsamen Servicestellen*
Die Servicestellen sollen barrierefrei sein. Das bedeutet, es soll keine
Zugangs-
und Kommunikationsbarrieren geben. Rollstuhlfahrer sollen ohne Probleme in
die
Servicestellen hineinkommen können und - das ist neu - das Personal soll
sich auf die Bedürfnisse hörgeschädigter Menschen einstellen
können. Hierzu gehört, dass sie darin geschult sind, deutlich zu sprechen
und sich auf die Bedürfnisse hörbehinderter Menschen einzustellen.
Außerdem muss sichergestellt sein, dass Gebärdensprachdolmetscherinnen
oder - dolmetscher schnell hinzugezogen werden können. Auf welche Weise
das passieren wird, bleibt abzuwarten.
Interessant ist, dass die Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben nun auch
psychologische
und pädagogische Hilfen umfassen. Das SGB IX benennt hier unter anderem auch
Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur *Förderung der Kommunikation*.
Das hat vor allem Bedeutung für ertaubte Menschen, aber auch für
Gehörlose,
die ihre Kommunikationsmöglichkeiten erweitern möchten.
Als Leistungen zur Teilhabe am Leben
in der Gemeinschaft zählen ausdrücklich *Hilfen zur Förderung der
Verständigung*
mit der Umwelt.
Genauer heißt es in § 57 SGB IX: Bedürfen hörbehinderte Menschen oder
behinderte
Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit auf
Grund
ihrer Behinderung zur Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass der
Hilfe Anderer, werden ihnen die erforderlichen Hilfen zur Verfügung gestellt
oder angemessene Aufwendungen hierfür erstattet.
Wichtig ist auch, dass im Rahmen
des SGB IX ein Verbandsklagerecht eingeführt worden ist. Hierzu heißt es in
§ 63, dass Bundes - und Landes-Verbände der behinderten Menschen an ihrer
Stelle
und mit ihrem Einverständnis klagen können, wenn behinderte Menschen in
ihren
Rechten nach dem SGB IX verletzt werden.
.... Art. 1 Teil 2 SGB IX
beinhaltet besondere Regelungen zur
Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht), also das zum 1.
Oktober 2000 novellierte Schwerbehindertengesetz.
Zum 1. Oktober 2000 war das Schwerbehindertengesetz durch viele Regelungen
geändert
worden. Die Beschäftigungsquote und Höhe der Ausgleichsabgabe wurden neu
geregelt.
Es wurden die Rechte der erwerbsfähigen schwerbehinderten Menschen
gestärkt.
Verpflichtend sind nun Integrationsvereinbarung und betriebliche Prävention
(Vorbeugung). Die Stellung der Schwerbehindertenvertretung wurde verbessert.
Außerdem wurden Integrationsfachdienste in der Zuständigkeit der
Arbeitsämter
flächendeckend ausgebaut und es besteht die Möglichkeit,
Integrationsprojekte
zu fördern.
Dieses alles geschieht mit dem Ziel, dass die Arbeitslosigkeit
Schwerbehinderter
in den nächsten 2 Jahren um 50.000 abgebaut wird.
Nach Auskunft des Bundesarbeitsministeriums hat das zum 1. 10. 2000
novellierte
Schwerbehindertengesetz (Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Schwerbehinderter)
bisher schon großen Erfolg. Denn mittlerweile seien 15.000 schwerbehinderte
Menschen in Arbeit gebracht worden.
.... Arbeitsassistenz
Ganz wichtig ist, dass über das neue
Schwerbehindertengesetz die Möglichkeit zur Arbeitsassistenz geschaffen
worden ist.
*§ 102 Abs.
4*
Schwerbehinderte Menschen haben
im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes (Anm.: die
Hauptfürsorgestellen
heißen nun Integrationsämter) für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben
aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln
Anspruch
auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz.
Die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen
Hauptfürsorgestellen hat Empfehlungen für die Erbringung finanzieller
Leistungen
zur Arbeitsassistenz Schwerbehinderter (Stand: 27. 10. 2000) herausgegeben.
In diesen Empfehlungen wird genauer beschrieben, was unter notwendiger
Arbeitsassistenz
zu verstehen ist. Die Entwicklung dieser Empfehlungen haben der Deutsche
Gehörlosen-Bund
und die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und der
Schwerhörigen
durch Stellungnahmen intensiv begleitet.
Eine persönliche Arbeitsassistenz ist notwendig, wenn die Unterstützung im
Betrieb
oder der Dienststelle, zum Beispiel durch Kollegen, nicht mehr ausreicht, um
die geforderte Arbeitsleistung zu bringen. Die Aufgaben der Arbeitsassistenz
müssen daher über gelegentliche Handreichungen deutlich hinausgehen. Sie
haben
zeitlich wie auf die Tätigkeit bezogen umfangreich zu sein. Der
Schwerbehinderte
muss allerdings seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung erbringen
können.
Das vom Schwerbehinderten erzielte Arbeitseinkommen und die Kosten für die
Arbeitsassistenz
müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Die Leistungen
der
Integrationsämter sind auf die ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Mittel
der Ausgleichsabgabe beschränkt.
Für gehörlose bzw. hörgeschädigte
Menschen besteht nun die Möglichkeit, über Arbeitsassistenz einen Antrag
bei
den Integrationsämtern auf regelmäßige Leistungen für
Gebärdensprachdolmetscherinnen
oder - dolmetscher zu stellen. Ähnliches gilt auch für hochgradig
schwerhörige
oder ertaubte Menschen, die jemanden benötigen, der für sie mitschreibt
oder
auch durch langsames deutliches Sprechen unterstützt.
Es können durchschnittlich maximal
monatlich DM 2.000,- beantragt werden. Gehörlose Berufstätige stellen den
Antrag
selbst und müssen hierzu das Einverständnis ihres Arbeitgebers haben. Wenn
der
Antrag bewilligt worden ist, sind sie auch dafür zuständig,
Dolmetscherinnen
oder Dolmetscher zu bestellen und mit ihnen abzurechnen. Sie können aber
auch
die Zahlung der Dolmetsch-Honorare durch die Integrationsämter an den
jeweiligen
Dolmetschdienst abtreten.
Die Höhe des zu zahlenden Stundesatzes entscheidet das jeweilige Bundesland.
Was auch interessant ist: die Möglichkeit,
Arbeitsassistenz zu erhalten, ist als sogenannter Rechtsanspruch gestaltet!
Allerdings prüfen die Hauptfürsorgestellen Notwendigkeit und Umfang der
Arbeitsassistenz.
Außerdem hängt die Zuerkennung von Arbeitsassistenz davon ab, ob genügend
Mittel
aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehen.
Übrigens gibt es in diesem Zusammenhang noch eine ganz wichtige Neuerung:
Auch
selbstständige Schwerbehinderte haben Anspruch auf Arbeitsassistenz!
.... Arbeitsassitenz betrifft auch die Nutzung des
Bildtelefon-Dolmetschdienstes Telesign:
Gehörlose, die im Berufsleben Bildtelefon-Dolmetschdienste
über Telesign in Anspruch nehmen möchten, können seit Neuestem
dieses auch über Assistenz zu einem monatlichen Betrag von DM 600,- bei den
Integrationsämtern Hauptfürsorgestellen) beantragen. (Genauere
Informationen
hierzu erhalten Sie in einer späteren Ausgabe der DGZ oder direkt über
die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und der
Schwerhörigen,
Paradeplatz 3, 24768 Rendsburg, Fax 04331/ 589753 oder e-mail:
info@deutsche-gesellschaft.de [1].)
Die Möglichkeit, Dolmetscherinnen
bzw. Dolmetscher einzusetzen und über Arbeitsassistenz zu bezahlen setzt
auch
nicht voraus, dass man bereits einen Arbeitsplatz hat. § 33 Abs. 8 Nr. 3 SGB
IX eröffnet Arbeitssuchenden die Möglichkeit, zur Erlangung eines
Arbeitsplatzes
Arbeitsassistenz zu erhalten. Dieses betrifft z.B. den Einsatz von
Gebärdensprachdolmetscherinnen
und - dolmetschern bei Bewerbungsgesprächen um einen Arbeitsplatz. In der
Begründung
zum SGB IX heißt es: Besonders betroffenen Schwerbehinderten sollen
ausbildungs-
oder berufsbegleitende persönliche Hilfen zur Verfügung stehen.
Allerdings sind solche Leistungen auf die Dauer von 3 Jahren befristet.
.... Art. 2 SGB IX
enthält Änderungen des Ersten Buches
Sozialgesetzbuches.
Hier finden wir die Grundlage zu
einer wesentlichen Verbesserung der Situation gehörloser Menschen:
*Art. 2 3.b)*
(Änderung des § 17 SGB
I)
Nach Abs. 1 wird folgender
Absatz 2 eingefügt:
Hörbehinderte Menschen haben
das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch
bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu
verwenden.
Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet,
die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer
Kommunikationshilfen
entstehenden Kosten zu tragen.
Das bedeutet: sobald Gehörlose in
Kontakt mit den jeweiligen Rehabilitationsträgern treten und sich dort
beraten
bzw. unterstützen lassen, haben sie das Recht, zur Absicherung der
Kommunikation
Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. - dolmetscher hinzuziehen. Die jeweils
angegangene
Institution ist dann auch dazu verpflichtet, die Dolmetsch-Honorare zu
bezahlen.
Dieses soll auch für die *Ausführung
von Sozialleistungen* gelten. Hierbei handelt es sich vor allem um
Dolmetsch-Einsätze,
die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sozialleistung stehen.
Beispiele hierfür können sein
die Durchführung von Reha-Maßnahmen in Zuständigkeit der genannten
Reha-Träger
oder Schulungsmaßnahmen, bei denen dafür Sorge zu tragen ist, dass die
notwendige
Kommunikation auch hinsichtlich des zu behandelnden Stoffs gewährleistet
ist.
Insgesamt wird es darauf ankommen,
in der späteren Praxis zu beobachten, wie weit ãAusführung von
SozialleistungenÒ
ausgelegt wird und die Anwendung dieser Regelung kritisch zu begleiten.
Sehr erfreulich ist die Tatsache,
dass § 17 Abs. 2 SGB I ausdrücklich das Recht zum Einsatz von
Dolmetscherinnen
und Dolmetschern und deren Finanzierung durch die Reha-Träger bei
ärztlichen
Untersuchungen und Behandlungen umfasst. Dadurch ist eine langjährige
Forderung
des Deutschen Gehörlosen-Bundes umgesetzt worden.
.... Art. 20 SGB IX
ändert das Arbeitsgerichtsgesetz.
In § 12 wird es nun einen Abs. 5b geben: ÒKosten für vom Gericht
herangezogene
Gebärdensprachdolmetscher für hörbehinderte Menschen werden nicht
erhoben.Ó
Gehörlose müssen also auch dann die Kosten für das
Gebärdensprachdolmetschen
nicht zahlen, wenn sie ihren Prozess beim Arbeitsgericht verlieren.
Auf diesen Weise erfüllt der Gesetzgeber eine weitere wesentliche Forderung
gehörloser Menschen.
Diese Regelung betrifft allerdings nur die Arbeitsgerichte. Der Grund
hierfür
liegt darin, dass der Gesetzgeber aufgrund seines Zuständigkeitsbereiches im
Rahmen des SGB IX zunächst nur diese Angelegenheit regeln wollte.
.... Art. 36 SGB IX
ändert § 48 a des Berufsbildungsgetzes.
Bei Prüfungen sollen die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen
berücksichtigt
werden. Dies gilt insbesondere für die zeitliche und sachliche Gliederung
der
Ausbildung, die Dauer von Prüfungszeiten, die Zulassung von Hilfsmitteln und
die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter wie
*Gebärdensprachdolmetscher
für hörbehinderte Menschen*. Gehörlose haben also nun im Geltungsbereich
des Berufsbildungsgesetzes bei mündlichen Prüfungen Anspruch auf Einsatz
und
Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und - dolmetschern.
*Wer hat zukünftig Anspruch
auf Einsatz und Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -
dolmetschern?*
Dieses ist eine überaus wichtige
Frage.
Denn viele Gehörlose kennen die Erfahrung, dass mitunter sogar durch das
Gesundheitsamt
geprüft wurde, ob sie überhaupt Gebärdensprache benötigen. Hier war es
dem Deutschen
Gehörlosen-Bund stets wichtig, Klarheit herzustellen.
Für manche ist vielleicht verwirrend,
dass im SGB IX stets von hörbehinderten Menschen die Rede ist.
Für diese ÒneutraleÓ Formulierung
hat sich jedoch auch der Deutsche Gehörlosen-Bund stark gemacht. Denn
einerseits
sollen neben gehörlosen ebenfalls hochgradig schwerhörige bzw. resthörige
Menschen
die jeweiligen Ansprüche nutzen können. Andererseits wissen wir, dass der
Begriff
Gehörlosigkeit sowohl in der Medizin als auch in der
Hörgeschädigtenpädagogik
immer mehr durch die Bezeichnung Hörschädigung verdrängt wird.
Es soll vermieden werden, dass mit dem Argument, es gibt (bald) keine
Gehörlosen
mehr, berechtigte Ansprüche auf Gebärdensprache ausgehebelt werden.
Der Deutsche Gehörlosen-Bund hat
sich in seinem Bestreben, ein eigenes *Merkzeichen Gl* zu erhalten,
durchsetzen
können. Durch dieses Merkzeichen erhält der berechtigte Personenkreis die
Möglichkeit,
die Notwendigkeit zum Einsatz von Dolmetscherinnen bzw. Dolmetschern
eindeutig
nachzuweisen.
Dieses Merkzeichen ist sehr hilfreich, soll jedoch vorläufig zur Nutzung von
Dolmetschdiensten bzw. deren Finanzierung im Zuständigkeitsbereich der
Reha-Träger
nicht zwingend erforderlich sein.
In diesem Zusammenhang steht
*die Änderung der Ausweisverordnung durch Art. 49,*die
die Möglichkeit eröffnet, sich in den Schwerbehindertenausweis das
Merkzeichen Gl eintragen zulassen.
Der Verweis an dieser Stelle auf § 145 SGB IX (Unentgeltliche Beförderung)
macht deutlich, dass der Personenkreis hörgeschädigter Menschen, dem
bisher unentgeltliche Beförderung zuerkannt wurde, zukünftig auch
das Merkzeichen Gl erhält.
-------- ZUSAMMENFASSUNG -----------------------------------------------------
Das SGB IX eröffnet an vielen Stellen
neue Möglichkeiten für hörbehinderte Menschen. Ganz besonders erfreulich
ist,
dass nun sowohl Einsatz als auch Finanzierung von
Gebärdensprachdolmetscherinnen
und - dolmetschern im Geltungsbereich dieses Gesetzes geregelt sind.
Allerdings bedeutet dieses nicht,
dass sämtliche Leistungsbereiche der Eingliederungshilfe die Finanzierung
von
Dolmetschdiensten einschließen.
Denn das SGB IX ist nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, zum
Leistungsgesetz
geworden. Leistungsgesetz hätte bedeutet, dass alle Hilfen, die behinderte
Menschen
zum Ausgleich ihrer Behinderung benötigen, bezahlt werden.
Am Beispiel der Gehörlosen hätte ein solches Leistungsgesetz die Folge,
dass
nicht nur Dolmetscherinnen und Dolmetscher bei der Beratung durch
Reha-Träger
und der Ausführung deren Leistungen bezahlt werden, sondern darüber hinaus
auch
Dolmetschhonorare bei allen anderen Behörden, Volkshochschulbesuchen, beim
Autokauf,
beim Rechtsanwalt usw. Dieses Ziel wurde aus Kostengründen aufgegeben. Es
gibt
eine Kostenschätzung, die davon ausgeht, dass ein Leistungsgesetz bei
jährlich
15 Milliarden DM Aufwendungen für Eingliederungshilfe 500 Millionen DM
Mehrkosten
nach sich ziehen würde.
So heißt es in der Begründung zum
SGB IX, dass hörbehinderten Menschen im Sozialbereich ermöglicht wird, im
Verkehr
mit öffentlichen Einrichtungen die Gebärdensprache zu verwenden. Dies soll
nicht
nur im Verfahren der Sozialverwaltung, sondern auch bei der Ausführung aller
Sozialleistungen gelten. Für die Verständigung in anderen Fällen - s.o. -
werden
die erforderlichen Hilfen oder die Erstattung der notwendigen Aufwendungen
hierfür
als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht. Auf diese
bezieht sich § 57 SGB IX (s.o.). Sie setzen dann wie bisher die
Bedürftigkeit
des Betroffenen voraus.
*Das SGB IX bedeutet keine endgültige
Anerkennung der Gebärdensprache. Für den Umgang mit Rehabilitationsträgern
ist
die Gebärdensprache jedoch jetzt anerkannt. *
Das ist ein großer Erfolg. Und es
ist ein ebenso großer Erfolg, dass erstmals in der Geschichte der
Bundesrepublik
Deutschland und auch in der Geschichte des Deutschen Gehörlosen-Bundes
Òunsere
GebärdenspracheÓ in einem Bundesgesetz verankert ist!
Dass die Bundesregierung bereit ist,
zur Durchsetzung der Gebärdensprache Haushaltsmittel einzuplanen, macht die
Kostenschätzung zum SGB IX deutlich. Es wird davon ausgegangen, dass die
Folgekosten
für die Inanspruchnahme von Dolmetschdiensten jährlich ca. DM 30 Mio.
betragen
werden. Davon werden voraussichtlich DM 20 Mio. auf die gesetzliche
Krankenversicherung
entfallen.
Der Deutsche Gehörlosen-Bund kann
mit Recht froh sein, dass seine jahrlange intensive Arbeit und sein Beharren
auf die Anerkennung der Gebärdensprache Früchte trägt.
Dank gilt vielen, die diesen langen
Weg unterstützt haben: Politikerinnen und Politikern, der Bundesregierung,
dem
Bundesbeauftragten für behinderte Menschen, vielen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern
in unseren Verbänden und nicht zuletzt vielen Gehörlosen, die uns den
Rücken
gestärkt haben.
Es besteht dennoch kein Anlass, sich
auf den Lorbeeren auszuruhen! Zukünftig ist wichtig, das SGB IX mit Leben zu
füllen. Über 10 Jahren zur Entstehung des SGB IX werden wohl noch viele
Jahre
der Klärung wichtiger Fragen zur Umsetzung dieses Gesetzes folgen.
Zukünftig wird es wichtig sein, die
Anerkennung der Gebärdensprache auch außerhalb des Zuständigkeitsbereiches
der
Rehabilitationsträger voranzutreiben. So werden nach dem Willen der
Regierungskoalition
weitere erforderliche Regelungen zur Anerkennung der Gebärdensprache z.B. im
Verfahrensrecht außerhalb des Sozialbereichs und bei Gerichtsverhandlungen
in
einem zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetz sowie im
Bundesgleichstellungsgesetz
für Menschen mit Behinderung getroffen werden.
Da eine grundsätzliche Anerkennung
der Gebärdensprache, die z.B. auch den schulischen Bereich einschließt,
Sache der Länder ist, wird es zukünftig ebenso wichtig sein, das Entstehen
von Landesgleichstellungsgesetzen bundesweit durch Stellungnahmen, Schreiben
an Politikerinnen und Politiker oder durch spezielle Veranstaltungen zu
unterstützen.
[1] mailto:info@deutsche-gesellschaft.de
Die Phoenix - Barrierefreie Medienakademie gGmbH
i.G, gerade in Berlin gegründet, bietet hoch qualifizierte
Aus- und Fortbildungen im Medienbereich an. Und zwar
in einem international einmaligen Mix aus Blended Learning,
Präsenzseminaren und Praktika.
Die Gesellschafter sind langjährige Medienprofis und
Experten aus der außerschulischen Bildung. Hier [1] finden Sie weitere
Informationen.
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-203-5f46510acd3a9.pdf
Wie die DG erfuhr, gibt es nun in Hamburg einen Gesetzentwurf, der der
Bürgerschaft zugeleitet werden soll. Näheres siehe Presseinformation der
Hamburger Pressestelle (mehr... [1]) und Gesetzentwurf (mehr... [2])
[1] https://www.deutsche-gesellschaft.de/files/articles/article-204-5f46510ae0caf.doc
[2] https://www.deutsche-gesellschaft.de/sites/default/files/old/lgsg/hamburg_entwurf.doc
Anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung behinderter
Menschen treten eine Reihe von Behindertenorganisationen unter Federführung
des Deutschen Behindertenrates mit einem Besuch beim Bundesjustizministerium
in Berlin für die Aufnahme behinderter Menschen in das zivilrechtliche
Antidiskriminierungsgesetz ein.
.. Nicht ohne uns!
Behinderte ins Antidiskriminierungsgesetz
*Besuch beim Bundesjustizministerium anlässlich des
Europäischen Protesttages zur Gleichstellung Behinderter
am 5. Mai 2004 um 16.00 Uhr, Mohrenstraße 37 in Berlin*
Anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung behinderter
Menschen treten eine Reihe von Behindertenorganisationen unter Federführung
des Deutschen Behindertenrates mit einem Besuch beim Bundesjustizministerium
in Berlin für die Aufnahme behinderter Menschen in das zivilrechtliche
Antidiskriminierungsgesetz ein. Mit diesem Besuch wollen wir uns vor Ort im
Justizministerium nach dem Sachstand für das Gesetzesvorhaben erkundigen und
mit dem Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin der
Justiz, Alfred Hartenbach, über den Stand der Dinge diskutieren.
Mit dieser vom Deutschen Behindertenrat koordinierten Aktion in Kooperation
mit der Aktion Grundgesetz wollen wir den Druck erhöhen, so dass auch
behinderte Menschen in das anstehende zivilrechtliche
Antidiskriminierungsgesetz aufgenommen werden. Denn behinderte Menschen
werden zum Beispiel immer wieder bei Flugreisen, bei der Anmietung von
Ferienwohnungen, in Kneipen, beim Blutspenden oder beim Besuch von
Veranstaltungen und im Versicherungswesen benachteiligt, ohne einen wirksamen
gesetzlichen Schutz dagegen zu haben. Wir brauchen also auch in Deutschland
ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz, durch das behinderte Menschen vor
Benachteiligungen geschützt werden.
Machen Sie also mit bei unserem Ministeriumsbesuch und kommen Sie am 5. Mai
spätestens um 16.00 Uhr mit gültigem Personalausweis zum
Bundesjustizministerium, Mohrenstraße 37 in Berlin. Um die Einlassprozedur
zu erleichtern, bitten wir um Anmeldung bis spätestens 4. Mai 12.00 Uhr
unter E-Mail: ottmar.miles-paul@bifos.de [1] bzw. Tel. 0561/9977172 – Fax:
0561/72885-29.
Bisherige Unterstützer: Deutscher Behindertenrat, Interessenvertretung
Selbstbestimmt Leben in Deutschland – ISL e.V., NETZWERK ARTIKEL 3,
Netzwerk People First Deutschland, Berliner Behindertenverband, Weibernetz
e.V., Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen, Allgemeiner
Behindertenverband in Deutschland – AbiD
V.i.S.d.P: Deutscher Behindertenrat, Ottmar Miles-Paul, Kölnische Straße
99,
34119 Kassel, Tel. 0561/9977172
[1] mailto:ottmar.miles-paul@bifos.de