DG-Presseinformation: Novelle des Telekommunikationsgesetzes

Novelle des Telekommunikationsgesetzes lässt Hörbehinderte im Abseits
Gleichwertiger Zugang zur Telekommunikation durch Vermittlungsdienste gefordert

Rendsburg, 14. Januar 2004. Die Bundesregierung hat es trotz klarer Vorgaben des Grundgesetzes und des Europarechts versäumt, bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes die Belange hörbehinderter Menschen in gebotenem Maße zu berücksichtigen. „Der vom Kabinett am 15.10.2003 verabschiedete und jetzt dem Bundestag vorliegende Gesetzentwurf schließt Hörbehinderte in Deutschland weiterhin von der modernen Telekommunikationsgesellschaft aus“, beklagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen, Dr. Ulrich Hase, anlässlich der ersten Lesung der Novelle. „Hier verwehrt die Politik, was die Technik längst möglich macht,“ so Hase. Der vorgelegte Entwurf zum Telekommunikationsgesetz bedarf also dringend der Nachbesserung.

Ein von der Hamburger Körber-Stiftung gefördertes und in der juristischen Fachpresse veröffentlichtes Rechtsgutachten belegt: Sowohl das Grundgesetz als auch die europäischen Richtlinien fordern einen gleichwertigen Zugang behinderter Menschen zu Telekommunikationsdienstleistungen. Auch die technische Lösung dafür steht schon bereit: Der sogenannte Relay-Service, ein international weit verbreiteter und längst erprobter Telefonvermittlungsdienst nach Call-Center-Art, ermöglicht Hörbehinderten das Telefonieren mit Hörenden – jederzeit und allerorts.

Obwohl den zuständigen Ministerien das von Prof. Dr. Hubertus Gersdorf erstellte Rechtsgutachten bereits seit Frühjahr 2003 vorliegt und obwohl sich eine Reihe prominenter Politiker aus Regierung und Opposition bereits für die Einrichtung eines solchen Dienstes eingesetzt haben, hat sich das federführende Bundeswirtschaftsministerium nicht dazu entschließen können, die Einrichtung eines solchen Telefonvermittlungsdienstes auch in Deutschland durch eine klare Regelung im Gesetz zu verankern. Doch die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass ohne klare gesetzliche Vorgaben keine Mittel durch die zuständigen staatlichen Stellen oder durch die Telekommunikationsbranche zu erwarten sind.

Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen kämpft als Dachverband der Betroffenen nun im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens um die nötige Nachbesserung des Gesetzentwurfs. Hase dazu: "Es besteht ein immenser Bedarf an einem solchen Dienst - nicht nur bei den Hörbehinderten selbst, sondern auch auf Seiten ihres hörenden Umfeldes, zum Beispiel ihrer Arbeitgeber. Hier bietet sich ein enormes Integrationspotenzial.“ Der Relay Service ermöglicht Hörbehinderten, was in anderen Ländern längst Selbstverständlichkeit ist: Zugang zur Welt der Hörenden – ob im Job, im Alltag oder Notfall. „Denn wer könnte seine Arbeit im Büro erledigen, Pizza bestellen oder einen Arzt rufen, ohne zu telefonieren?" erinnert Ulrich Hase.


Kontakt:
Dr. Ulrich Hase, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft
zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen e.V.

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